Happiness

Serienstart:
01.11.2021
Staffel:
1
Folgen:
15
Länge der Folgen:
5-10 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Pouria Takavar
Darsteller:
Ghazal Shojaie (Shadi), Soheil Bavi (Sina), Aria Gazor (Parsa), Setareh Malek (Ferial) u. a.
Genre:
Road-Movie
Land:
Frankreich, 2021

„Du bestimmst nicht über dein Leben?‟, fragt der gutaussehende Typ mit den blondierten kurzen Haaren die 17-jährige Shadi verwundert. Er lebt sein Leben frei und unbeschwert. In einem getarnten kleinen Bus kurvt er durch Teheran und verkauft Drogen und Alkohol. Und im Iran, wo Alkohol verboten ist und in konservativen Kreisen als Teufelszeug gilt, ist das gar nicht mal so ohne.


Was dich in „Happiness‟ erwartet:


Shadi hat den Undercover-Rauschmittelverkäufer Sina zufällig kennengelernt. Gegen eine Flasche Wein hätte sie nichts einzuwenden gehabt. Doch dann tauchte ihre Mutter auf. Shadi musste sich verstecken und hat dabei ihren Pass verloren. Den bringt Sina ihr nun wieder zurück. Ohne Pass wäre Shadi aufgeschmissen. Denn ohne diesen bekommt sie kein Visum für Frankreich, wo sie bald mit ihrer Mutter hinziehen soll. Klar kann sie sich den Umzug schönreden. Aber insgeheim spürt sie doch, dass Sina recht hat. Sie bestimmt nicht über ihr Leben. Ihre Mutter tut das. Und ihrem Vater, der die Familie zwar schon vor einiger Zeit verlassen hat, laut Gesetz aber trotzdem Reisen der Ex-Frau und Tochter genehmigen muss, ist sie offenbar ziemlich egal. So fasst Shadi einen Plan. Sie will ihren Vater auf der weit entfernten Insel Kish im Süden des Landes besuchen, auch wenn der sie eigentlich nicht haben will. Weil sie alleine nicht dorthin kommt, heuert sie ihre beste Freundin Ferial und deren Cousin Parsa als männliche Begleitung an – und Sina als Fahrer.

Über fünfzehn knappe Episoden erzählt „Happiness‟ über den kleinen Ausbruchsversuch von Shadi. Dabei wandelt sich die Mini-Webserie bald zum Road Movie durch den Iran, was mal aberwitzig, mal erschreckend ist. Zum Lachen ist es etwa, wenn Ferial und Parsa in einer Episode unbedacht Sinas Vorrat an Pillen und Pilzen plündern, irritierend hingegen, wie oft Moderne und Tradition aufeinanderprallen. Shadi – aus ihrem Namen, der auf Farsi Freude bedeutet, leitet sich auch der Titel der Serie ab – kommt aus einer liberalen Familie. Sie trägt ihr Kopftuch so tief wie nur möglich und nimmt sich so viele Freiheiten, wie es geht, ohne Ärger zu bekommen. Die streng religiöse Leiterin der Schule, die Sinas Flasche Wein entdeckt und mit Konsequenzen droht, ist ihr ein Dorn im Auge. Zum Glück verbindet sie diese Haltung mit ihrer Mutter, die es offensichtlich auch deshalb gar nicht erwarten kann, nach Frankreich auszuwandern.


Was die Miniserie besonders macht:


Die Reise durch den Iran wird für Shadi zu einer Bewährungsprobe und einem Abschied. Sie verliebt sich ein wenig in Sina, auch wenn sie eigentlich gar nicht mit ihm flirten darf, sie probt mit ihren Freund*innen ein kurzes Leben in völliger Freiheit und sie blickt noch einmal auf ihr Heimatland zurück. In einer Episode finden sich die vier Ausreißer*innen mitten in den Vorbereitungen auf eine Hochzeit wider. Dass die junge Braut eigentlich andere Zukunftspläne hatte, ist nicht zu übersehen. In einer anderen Szene spürt Shadi, wie wenig sie von Männern ernst genommen wird, ganz egal, wie selbstbewusst sie sich verhält. Ohne allzu deutlich zu werden, äußert die Serie so immer wieder allerlei Kritik an solchen Lebensverhältnissen. Die Einschränkungen werden dabei umso sichtbarer, weil ihnen die Lebensfreude und der Freiheitswille von Shadi gegenübersteht.

Dass die Episoden so kurz sind, stört am Anfang den Flow. Aber witzig ist es dann doch zu sehen, wo die Serie nach kurzen Zeitsprüngen weitermacht. Ebenso auffällig ist das schmale 4:3-Bildformat, das mit den Erwartungen bricht. Wenn viele Road Movies in weiten Landschaften und breiten Bildern schwelgen, dann betont „Happiness‟ eher die allgegenwärtigen Grenzen. Der 26-jährige Regisseur Pouria Takavar, bekannt durch die Instagram-Serie „TehRunn‟, ist sehr nah dran an seinen Held*innen. Man spürt, wie sehr er sie mag, wie gut er ihre Sehnsüchte kennt und, dass er diese teilt.


Unser Fazit zu „Happiness‟:


Frei leben, selbst über sich bestimmen dürfen, respektvoll behandelt werden wollen – gerade auch von Erwachsenen, die überall das Sagen haben und die Regeln bestimmen – darum geht es hier. Eine sehenswerte Serie für Zwischendurch, (überall) schnell zu gucken, rau und lebendig, alles andere als belanglos und ziemlich echt. Und das liegt nicht nur daran, dass nie ein Ladekabel da ist, wenn man eins braucht.

Stefan Stiletto

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (44. Woche 2021).