Glaubensfrage

Verfilmungen eines erfolgreichen Theaterstücks sind zahlreich, weitaus seltener wandelt ein Theaterautor seinen Stoff später selbst in einen Film um oder führt gar persönlich Regie. John Patrick Shanley, dessen gleichnamiges Stück mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, ist eine dieser seltenen Ausnahmen. „Glaubensfrage“ spielt in einer katholischen Schule Mitte der 1960er-Jahre in der Bronx, einem vorwiegend von weißen irischen und italienischen Einwanderern geprägten Stadtteil von New York. Donald Miller ist der erste und einzige schwarze Schüler der Schule, die unter strenger Führung von Schwester Aloysius steht. Der Junge hat es in der Schule nicht leicht, nur Pater Flynn ist bereit, ihn zu unterstützen. Das weckt bei einer unerfahrenen jungen Lehrerin den Verdacht, das Engagement des Paters könne nur sexuell motiviert sein. Die Direktorin startet daraufhin ohne den geringsten Beweis einen Feldzug gegen den liberalen Pater, der von ihr mit fundamentalistischer Überzeugung geführt wird. Meryl Streep als Schwester Aloysius, Philip Seymour Hoffman als Pater Flynn und Amy Adams als naive Schulschwester erhielten für ihre Darstellung jeweils eine Oscar-Nominierung.

Obwohl sich Regisseur Shanley redlich bemühte, aus dem Theaterstück einen richtigen Kinofilm zu machen, der über kammerspielartige Szenen hinausweist, bleibt die Herkunft des Stoffes doch unübersehbar. Die minutenlangen Predigten des Paters beispielsweise sind zwar spannend anzuhören, machen aber noch keinen großen Film aus. Statt einer Auflösung der Anschuldigungen bleibt es bei der schon im Filmtitel zitierten Glaubensfrage über Schuld oder Unschuld, die am Ende sogar Schwester Aloysius noch in Gewissenskonflikte stürzt. Vor dem Hintergrund realer Sexskandale katholischer Würdenträger in den USA mit Kindern bleibt das offene Ende des Films ziemlich unbefriedigend, zumal mangels gegebener Information nicht alle Handlungsstränge nachvollziehbar erscheinen und die Situation des schwarzen Schülers mit anklingendem latenten Rassismus nur eine Folie für den „Glaubenskampf“ abgibt. Gut gelungen ist dagegen die Darstellung des vom Papst eingeleiteten Paradigmenwechsels in der katholischen Kirche in den 1960er-Jahren, der frischen Wind in die verstaubten Amtsstuben der Kirche brachte. Ein nicht rundum überzeugender Film also, der dennoch genügend Stoff für spannende Diskussionen liefert.

DVD-Bildformat: 1:1,85; 16:9
Ton: Dolby Surround, Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Italienisch, Türkisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Italienisch, Türkisch, Englisch für Hörgeschädigte, Kroatisch, Serbisch, Slowenisch
DVD-Extras: Audiokommentar, Featurettes

Holger Twele