#Female Pleasure

Länge:
97 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
08.11.2018
Regie:
Barbara Miller (XIX)
Darsteller:
Mitwirkende: Deborah Feldman, Vithika Yadav, Rokudenashiko, Leyla Hussein, Doris Wagner u. a.
Genre:
Dokumentation , Politischer Film
Land:
Deutschland, Schweiz, Indien, Japan, USA, Großbritannien, 2018

Der Hashtag vor dem englischen Begriff der „weiblichen Lust“ macht den Titel des Dokumentarfilms von Barbara Miller zum Schlagwort, das in den sozialen Medien verbreitet und leicht auffindbar ist. Er verweist zugleich auf die metasprachliche Bedeutung des Titels, denn vielen Frauen auf der ganzen Welt bereitet der immer noch stark von archaisch-patriarchalischen Strukturen geprägte Umgang mit weiblicher Sexualität alles andere als Lust und Vergnügen. Und um es gleich vorwegzunehmen: Darunter haben zwar in erster Linie die Frauen zu leiden, aber auch für die Männer hat das negative Auswirkungen. Insofern sorgt der Titel für Aufmerksamkeit und weckt Neugier, ist leicht irreführend, Provokation und Programm gleichermaßen. In ihrem Dokumentarfilm porträtiert die in der Schweiz geborene Filmemacherin Barbara Miller exemplarisch fünf Frauen aus verschiedenen Kontinenten, Kulturen und Religionen. Diese waren bereit, vor der Kamera von ihren eigenen sehr intimen und erschreckenden Erfahrungen mit der offenen oder unterschwelligen Ungleichbehandlung der Geschlechter sowie von ihrem Kampf gegen die systematische Unterdrückung der weiblichen Sexualität zu erzählen. Diese ist weltweit immer noch in den Religionen und in den Wertesystemen der jeweiligen Gesellschaften verankert, wobei die Formen der Unterdrückung individuell zwar verschiedenen sind, das Ergebnis jedoch nahezu identisch ist.

Die erfolgreiche Schriftstellerin Deborah Feldman wuchs in einer ultraorthodoxen jüdischen Familie in New York auf und wurde im Alter von 17 Jahren an einen jungen Mann verheiratet, den sie ein einziges Mal zuvor gesehen hatte. Die Psychotherapeutin Leyla Hussein aus einer strenggläubigen muslimischen Familie wurde als Kind genital verstümmelt und setzt sich heute in vielen Ländern aktiv gegen weibliche Genitalverstümmelung und für sexuelle Selbstbestimmung ein. Die Japanerin Rokudenashiko aus einem traditionell-buddhistischen-schintoistischem Elternhaus kämpft heute als Manga- und Aktionskünstlerin mit Vagina-Performances gegen die Verteufelung der weiblichen Lust und Sexualität in Japan, wo sie wegen „Obszönität“ verhaftet und angeklagt wurde. Die Theologin und promovierte Philosophin Doris Wagner stammt aus einem strenggläubigen protestantisch-katholischen Elternhaus in Bayern. Sie trat mit 19 Jahren in ein erzkatholisches Ordenskloster und wurde von einem Priester sexuell missbraucht. Vithika Yadav wuchs als Mädchen in einer traditionellen hinduistischen Familie im nordindischen Rajasthan auf und begann, sich gegen die sexuelle Belästigung und Übergriffe an Mädchen und Frauen zu wehren, die sie von Kindesbeinen an erlebt hatte. Sie ist Mitbegründerin einer viel genutzten indischen Sexualaufklärungsplattform.

In geschickter Parallelmontage entfalten sich diese fünf Geschichten auf der Leinwand, wobei trotz der religiösen und kulturellen Unterschiede der gemeinsame Nenner deutlich wird. Eine patriarchisch geprägte Doppelmoral etwa, bei der in Japan der Phallus öffentlich verehrt wird, während die Abbildung des weiblichen Geschlechtsorgans unter Strafe gestellt ist. Oder der traditionelle Glaube an die weibliche „Unreinheit“ im Unterschied zum Machtanspruch der männlich-geistigen „Reinheit“. Vor allem auch die Angst vieler Männer vor der selbstbestimmten weiblichen Sexualität, die trotz Aufklärung und Emanzipation immer noch paranoide Züge annimmt und gemeinsam erlebte Lust stark beeinträchtigt oder ganz verhindert. Und das ist kein persönliches Problem mehr, sondern ein gesellschaftliches.

Holger Twele

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (19. Woche 2019).