Eye on Juliet - Im Auge der Drohne

Länge:
87 Minuten (Blu-ray: 90 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
12.07.2018
Regie:
Kim Nguyen
Darsteller:
Joe Cole (Gordon), Lina El Arabi (Ayusha), Brent Skagford (Peter), Faycal Zeglat (Karim), Mohammed Sakhi (blinder Mann mit Stock) u. a.
Genre:
Drama
Land:
Kanada, Frankreich, Marokko, 2017

Als seine Beziehung jäh und unschön zusammenbricht, ist Gordon zunächst von einer großen Leere erfüllt. Da helfen auch und gerade die oberflächlichen Tinder-Dates nicht, zu denen ihn sein Kollege Peter drängt. Dafür findet Gordon auf unerwartete Weise neue Erfüllung in seiner Arbeit: Als Sicherheitsexperte ist er nämlich gemeinsam mit einem kleinen Team in Detroit dafür verantwortlich, eine Pipeline inmitten der arabischen Wüste mithilfe kleiner spinnenartiger Drohnen zu überwachen. Im Grunde genommen eine langweilige Aufgabe. Doch dann fällt ihm eine junge Frau auf, die eine ganze Nacht hindurch in der Nähe der Anlage kauert. Am nächsten Morgen schickt er eine Drohne zu ihr und spricht sie mittels Sprachübertragung an – sie ergreift die Flucht. Von nun an beobachtet Gordon die junge Frau immer wieder über die Kameras. Dabei erfährt er, dass sie zwangsverheiratet werden soll und dass sie und ihr Freund deswegen nach Europa fliehen wollen. Dafür müssen sie nur ausreichend Geld besorgen, notfalls auf unkonventionellem Wege. Kurzerhand beschließt Gordon den beiden zu helfen. Rational gesehen ist das natürlich glatter Wahnsinn, weil er für einen fremden Menschen seine gesamte Karriere aufs Spiel setzt. Aber hier hat er das erste Mal das Gefühl, wirklich etwas zu bewirken. Ein ganzes Leben zu verändern. Und das ist das Risiko für ihn allemal wert – selbst wenn er dafür seinem Kollegen Schlaftabletten in den Kaffee mischen muss. Immerhin hat das Abenteuer schon längst begonnen.

Es ist gar nicht so leicht, die Tiefe und emotionale Kraft hinter „Eye on Juliet – Im Auge der Drohne“ angemessen in Worte zu fassen, denn die Geschichte an sich ist schnell erzählt. Doch ist man erst einmal eingetaucht in dieses unscheinbare Märchen inmitten unserer hypermodernen Welt, zieht der kanadische Regisseur Kim Nguyen nur allzu bald in seinen Bann. Als Zuschauer bauen wir sofort eine Verbindung zu den Charakteren auf und fühlen uns wie Gordon hinter seinen Überwachungsbildschirmen: in Beobachterposition und trotzdem voll dabei. Erzähltechnisch zieht Nguyen dabei sämtliche Register, ohne dass es sofort offensichtlich wird: So führt er beispielsweise anfangs noch charakterlose Dating-Chats und einen unbefriedigenden One-Night-Stand ins Feld, um währenddessen bereits den Grundstein zu legen für das, was Gordon später als Seelenverwandtschaft beschreibt – ausgelöst bloß durch ein paar Kamerabilder, die über tausende Kilometer hinweg auf einen tristen Bürobildschirm übertragen wurden. Auf der einen Seite also eine App, die Nähe vorgaukelt und emotionale Distanz fördert, auf der anderen diese riesige Entfernung, aus der unerwartete Nähe entsteht. Gleichzeitig verleiht der Film den Drohnen hier schon menschliche Züge, indem sie zu Begleitern der jungen Frau werden – was ein bisschen an die Roboterfreunde in dem Spiel „ReCore“ erinnert. Und es gibt noch anderweitige Begegnungen: Die mit Abstand genialste Szene im Film zeigt, wie Gordon eine der Drohnen nutzt, um einen blinden alten Mann nach Hause zu geleiten, der sich in der Wüste verirrt hat. Der Mann glaubt hier einen hilfsbereiten jungen Herrn an seiner Seite zu haben und erzählt noch von seinen Bedenken gegenüber der modernen Technik, während er Gordon zugleich wertvolle Ratschläge fürs Leben mitgibt. Diese Begegnung ist auf so vielen Ebenen wunderschön und vermutlich auch zukunftsweisend, dass diese kleine Erzählung allein schon einen ganzen Film aufwiegt.

Alles in allem ist „Eye on Juliet – Im Auge der Drohne“ ein bisschen wie ein Disney-Film, der in der Wirklichkeit spielt: faszinierend und romantisch, während er uns auch ein bisschen etwas über uns selbst erzählt. Absolute Top-Empfehlung.

Marius Hanke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch, Arabisch, Mehrsprachig

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (29. Woche 2018).