Eldorado

Länge:
92 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 12 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 6 Jahren
Kinostart:
26.04.2018
Regie:
Markus Imhoof
Darsteller:
Dokumentarfilm
Genre:
Land:
Schweiz, Deutschland , 2018

Der Schweizer Regisseur Markus Imhoof hatte sich bereits 1981 in „Das Boot ist voll“ kritisch mit der Abschottung und Abschiebepraxis seines Landes gegenüber Flüchtlingen im Zweiten Weltkrieg beschäftigt und für diesen Spielfilm auf der Berlinale einen Silbernen Bären erhalten. Knapp 40 Jahre später kommen mit seinem neuen Dokumentarfilm „Eldorado“ einige persönliche Hintergründe zum Vorschein, die verdeutlichen warum ihn dieses Thema seit seiner Kindheit so stark beschäftigt. 1945 hatten seine Eltern mit Unterstützung des Roten Kreuzes und im politisch vereinbarten Tausch dafür, dass Juden aus der Schweiz über Italien in die USA ausreisen konnten, vorübergehend ein italienisches Flüchtlingsmädchen in die Familie aufgenommen. Sie mussten es nach kurzer Zeit aber gegen ihren Willen wieder nach Italien zurückschicken, wo es kurze Zeit später an Unterernährung starb. Giovanna war wohl die erste Liebe des Regisseurs und an sie wendet sich Imhoof im Film unmittelbar, so als würde sie noch leben. Seine Erinnerungen an sie und die damalige Zeit vergleicht er mit der Gegenwart, wobei ihm der heutige Umgang der Schweiz und anderer europäischer Länder mit Flüchtlingen nicht minder problematisch erscheint. Eine Gleichsetzung ist das nicht, vielmehr ein tiefes Bedauern darüber, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit bisher nicht genug gelernt hat.

Analog zum ergreifenden biografischen Bezug wirken die Begegnungen des Regisseurs mit zahlreichen Migranten ebenfalls sehr persönlich und authentisch. Dabei gelingt es dem stets ruhig und sachlich argumentierenden Film, nicht nur eine Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu schlagen, sondern die individuellen Schicksale bei ihrer Suche nach dem goldenen Land in Europa immer auch in ihren gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenhang zu stellen. Beispielsweise fand Imhoof Zugang zu einem Ghetto von afrikanischen Schwarzarbeitern in Italien. Diese werden als billige Arbeitskräfte und Erntehelfer benötigt. Die mit ihrer Hilfe im Überfluss hergestellten Produkte werden dann exportiert und mit dem Geld gekauft, das die Arbeiter in der Fremde verdient hatten. Dabei wird der afrikanische Binnenmarkt zerstört, der gegen die subventionierte Billigkonkurrenz nicht bestehen kann. Flüchtlinge als Wirtschaftsfaktor mithin, der es uns in Europa noch besser gehen lässt, die menschliche Seite aber konsequent ausblendet – damals wie heute.

Holger Twele

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: dt. Fassung

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (41. Woche 2018).