Ein Sack voll Murmeln

Als 1941 die deutsche Wehrmacht große Teile Frankreichs besetzt, muss auch die sechsköpfige jüdische Familie Joffo aus Paris um ihr Leben fürchten. Es fängt damit an, dass alle Juden plötzlich einen gelben Stern tragen müssen und der zehnjährige Joseph und sein älterer Bruder Maurice von ihren Mitschülern und den Lehrern ausgegrenzt und geschlagen werden. Im Zuge weiterer Repressalien entscheiden sich die Eltern, dass die ganze Familie versucht, nach Südfrankreich zu fliehen, das noch nicht von den Deutschen besetzt ist. Damit alle eine größere Chance haben, nicht entdeckt und deportiert zu werden, sollen die beiden jüngsten Söhne als erste auf die Reise gehen. Seine Murmeln, mit denen Joseph so gerne spielte, muss er allein schon des Gewichts wegen zurücklassen. Nach einer beschwerlichen und gefahrvollen Reise ist die Familie in Nizza vorübergehend wieder vereinigt. Doch dann greift die Verfolgung der Juden auch dort. Joseph und Maurice werden in ein Schullandheim eingewiesen, können jedoch von dort mit Hilfe von engagierten Erwachsenen fliehen und überleben als gläubige Katholiken getarnt in einem kleinen Bergdorf. Dort schließt sich Maurice dem Widerstand an, während Joseph bei einem nationalsozialistisch gesinnten Buchhändler Arbeit findet und sich in dessen Tochter verliebt. Viel zu schnell erwachsen geworden, überleben beide den Krieg nicht zuletzt dank ihres Mutes und ihrer Zuversicht, doch nicht alle in der Familie hatten so viel Glück wie sie.

Joseph Joffo schrieb seine eigene Geschichte später in einem Buch nieder, das 1971 veröffentlicht und in 18 Sprachen übersetzt wurde. Der französische Filmemacher Jacques Doillon verfilmte das Buch erstmals 1975, bis sich über 40 Jahre später der kanadische Regisseur Christian Duguay an eine aufwändige Neuverfilmung wagte und dabei von Joffo beraten wurde. Der zum großen Teil mit subjektiver Handkamera gedrehte Film ist ganz aus der Perspektive der beiden Kinder erzählt, wobei man auch darauf achtete, den historischen Ereignissen gerecht zu werden, ohne den Film mit zu vielen Informationen zu überfrachten. Obwohl die beiden hervorragend besetzten Kinder im Mittelpunkt stehen, handelt es sich nicht um einen Film, der sich speziell an ein junges Publikum richtet, zumal einige Szenen, wie die Liquidierung eines Gefangenen oder der Abtransport von Juden zwar entschärft wurden, aber die Willkür und Brutalität der Täter in keiner Weise verharmlosen. Ein Film also für Jung und Alt, der zeigt, dass man die Hoffnung nie aufgeben darf und der durchaus einige Vergleiche zu heutigen Fluchterfahrungen ermöglicht.

DVD Extras: Making of, Trailer

Blu-ray Extras: Making of, Trailer

Holger Twele