Don't worry, weglaufen geht nicht

Länge:
115 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
23.08.2018
Regie:
Gus Van Sant
Darsteller:
Joaquin Phoenix (John Callahan), Jonah Hill (Donny), Rooney Mara (Annu), Beth Ditto (Reba), Udo Kier (Hans), Jack Black (Dexter)
Genre:
Drama , Biopic , Tragikomödie
Land:
USA, 2017

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Gus van Sant filmisch einer Person nähert, die sich extremen persönlichen Schwierigkeiten stellen muss. Will Hunting musste über diverse Schatten springen, um seine Hochbegabung zu akzeptieren und zu entfalten („Good Will Hunting“). Harvey Milk setzte alles aufs Spiel, um Schwulen mehr Rechte zu verschaffen (Milk). Und die Situation der Schüler der Columbine High-School in Elephant entzog und entzieht sich, Tätern wie Opfern, jeglicher beschreibbarer Interpretation. Mit John Callahan in „Don’t Worry, weglaufen geht nicht“ wendet sich Gus van Sant einem Mann zu, dessen anfängliches Selbstmitleid durch extremen Schmerz und dessen Bewältigung schließlich zur Erfüllung von Lebensträumen führt.

John Callahan ist Alkoholiker, der Schnaps bestimmt seinen Tagesrhythmus. Bereits am frühen Morgen fährt er zum nächstgelegenen Store, um sich mit Fusel einzudecken. Den Kauf verbrämt er mit fadenscheinigen Ausreden, weil er offenbar glaubt, niemand würde merken, wie er drauf ist. Auf der Straße versteckt er sich hinter dem nächsten Auto und nimmt den ersehnten ersten Schluck. Den sonnigen Tag verbringt er zwischen dem Versuch, alltagstauglich zu scheinen und heimlich zu saufen. Abends kommt dann der erlösende Moment, in dem er in den Kneipen und Clubs abhängen und sich gemeinsam mit anderen Alkis ganz offiziell die Kante geben kann. An dem Tag, an dem der Film beginnt, begeht er allerdings einen folgenschweren Fehler: er fährt bei Dexter mit, den er gerade kennengelernt hat, und der schläft während ihres Partyhoppings plötzlich am Steuer ein. Der folgende Unfall hat fatale Folgen für Callahan: Querschnittslähmung vom Brustkorb abwärts, langwierige Operationen, eine harte Rehabilitation und schließlich ein Leben im Rollstuhl, das er ohne fremde Hilfe nicht mehr bewältigen kann. Kein Wunder, dass er für die Dauerbetäubung wieder zur Flasche greift. Doch in halbem Delirium hat er eines Tages eine Vision, die ihn veranlasst, sein Leben umzukrempeln. Er wendet sich einer Gruppe von Anonymen Alkoholikern zu, öffnet sich damit wieder anderen Menschen und beginnt, Cartoons zu zeichnen, in denen er seinem zynischen Blick auf die Welt ungehemmt freien Lauf lässt.

Basis des Films ist die Autobiographie Callahans „Don’t Worry, He Won’t Get Far On Foot“. Als Rahmen der Handlung wählt van Sant zwei gegensätzliche Erzählsituationen: Eine Dankesrede Callahans bei einer Preisverleihung und einen Sturz mit dem Rollstuhl, der ihn veranlasst, den helfenden Skateboardern sein Leben zu erzählen. Van Sant beweist erneut ein Händchen für grandiose Schauspieler und ihre Führung: Joaquin Phoenix ist großartig und auch Jonah Hill, Jack Black, Beth Ditto oder Udo Kier faszinieren in ihren Zuspiel-Rollen. Allerdings teilt der Film auch van Sants Schwäche, den Zuschauer mit Hilfe seiner Charaktere zu „belehren“. Ganz eindeutig liegt ihm die positive Kraft des 12-Punkte-Plans der Anonymen Alkoholiker am Herzen, auch wenn er Callahan die Stadien in beweglichen Erzählsträngen durchlaufen lässt. Längen, die dabei gelegentlich entstehen, werden allerdings durch die feinfühlige Schauspielkunst der Darsteller aufgefangen.

Was gibt es noch zu sagen? Sowohl die Kameraführung als auch die Ausstattung, Kostüme und der Soundtrack sind toll, John Callahan war ein faszinierender Mann und ein Kinobesuch lohnt in jedem Fall!

DVD Extras: Making of, Trailer

Rotraut Greune

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (5. Woche 2019).