Die Rettung der uns bekannten Welt

Länge:
136 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
11.11.2021
Regie:
Til Schweiger
Darsteller:
Emilio Sakraya (Paul), Til Schweiger (Pauls Vater), Bettina Lamprecht (Anni), Tijan Marei (Toni), Greta Kasalo (Charlie), Otto Emil Koch (Luca) u. a.
Genre:
Tragikomödie
Land:
Deutschland, 2021

Heftige Gefühlsschwankungen hatten wir vermutlich alle schon einmal: An einem Tag gut drauf und voller Tatendrang, am anderen schlecht gelaunt und unsicher. Bei einer bipolaren Störung fallen diese Schwankungen aber deutlich heftiger und extremer aus: Sie werden unkontrollierbar. So wie bei Paul in „Die Rettung der uns bekannten Welt“.


Worum es im Film „Die Rettung der uns bekannten Welt“ geht:


Er tickt im Unterricht aus, verwandelt den Geburtstag seiner vor ein paar Jahren verstorbenen Mutter in eine verstörende Grabparty, riskiert sein Leben, als er im Überschwang eine in den Himmel ragende alte Industrieanlage zu erklimmen versucht. Paul ist bipolar und sein Vater Hardy weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als den Sohn in eine psychiatrische Klinik zu bringen, zumal er auch für Pauls jüngere Geschwister Charlie und Luca zu sorgen hat. Hardys Privatleben ist ohnehin schon lange auf Eis gelegt und auch beruflich bekommt er Probleme durch seine häufigen Fehlzeiten aufgrund von Familienangelegenheiten. In der Klinik lernt Paul andere psychisch erkrankte Jugendliche kennen, darunter auch Toni, die von ihrem Onkel missbraucht wurde und obendrein das Tourette-Syndrom hat. Beide verlieben sich ineinander und beschließen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. So fliehen sie aus der Klinik und hinterlassen auf ihrem Weg zum Meer deutliche Spuren, die eigenen Probleme immer mit im Gepäck.


Ob sich ein Blick in „Die Rettung der uns bekannten Welt“ lohnt?


Für Til Schweiger, der den Stoff mitentwickelte, den Film produzierte, Regie führte und die Rolle von Pauls Vater übernahm, muss das Projekt wohl eine Herzensangelegenheit gewesen sein. Denn bei Herzensangelegenheiten geht man bekanntlich keine Kompromisse ein – selbst wenn es an allen Ecken holpert und kracht. Da sind Genre egal, da kann eine wichtige Nebenfigur einfach fallengelassen werden, da können Pauls teure Eskapaden keinerlei Konsequenzen nach sich ziehen. Zum Ausgleich gibt es einige bildkräftige und sogar rührende Szenen, selbst wenn diese aus anderen Filmen „abgekupfert“ wurden. Richtig gut sind allerdings die jungen Darsteller*innen, allen voran Emilio Sakraya als Paul und Greta Kasalo als dessen kleine Schwester Charlie.

Doch was sich leider nicht verschweigen lässt: Schweigers Entscheidung, das schwierige Thema mit Humor aufzubrechen, wirkt leider oft aufgesetzt und überzogen, lässt stellenweise die psychisch kranken Jugendlichen als tragische Witzfiguren erscheinen. Gut gemeint, aber an der Realität vorbei ist schließlich auch der eindringlich und tränenreich formulierte Appell, Eltern sollten für ihre Kinder mehr Zeit erübrigen. Ein guter Tipp für besonders wohlhabende Eltern? Um Realitätsnähe geht es Schweiger ganz offensichtlich an keiner Stelle des stark auf reine Unterhaltung angelegten Films. Die einen werden ihn dafür lieben und gerne auch über die dramaturgischen Schwächen hinwegsehen, die anderen müssen selbst entscheiden, ob sie sich diesen Film mit Überlänge antun wollen.

Holger Twele

Anbieter

FilmverleihWarner