Die jungen Kadyas

Prädikat wertvoll
Länge:
103 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 12 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
08.09.2022
Regie:
Yvonne Andrä, Wolfgang Andrä, Eyal Davidovitch
Darsteller:
„schola cantorum weimar“ (Deutschland), „Voices of Peace“ (Israel), Alan Bern, Diana Matut, Cordula Fischer, Yair Dalal, Sheeren Daniel u.v.a.
Genre:
Dokumentation , Musikfilm , Politischer Film
Land:
Deutschland, 2019

Zwei Chöre, ein Projekt: Kadya. Hier treffen jüdische und arabische Mädchen von „Voices of Peace“, dem einzigen gemischten Chor in Israel, auf deutsche Mädchen der „schola cantorum Weimar“, dem größten Kinder- und Jugendchor in Thüringen. Ihr Ziel: Ein gemeinsamer Auftritt auf dem Festivals Yiddish Summer Weimar. Begleitet wird das Chorprojekt nicht nur von dem ein oder anderen Hindernis, sondern auch mit der Kamera.


Darum geht es in „Die jungen Kadyas“:


Die Erwartungshaltungen bei diesem Chorprojekt sind von Anfang an hoch gesteckt. Und sie werden zur echten Herausforderung für alle Beteiligten. Insbesondere für die 28 Mädchen aus Israel und Deutschland zwischen 9 und 17 Jahren, die sich nicht alle gleich gut auf Englisch unterhalten können und obendrein Lieder in einer für alle unbekannten Sprache einstudieren sollen, dem Jiddischen. Auch für die Chorleiter*innen in Israel und Deutschland, die die Sängerinnen über einen längeren Zeitraum bei der Stange halten müssen, gestaltet sich das Projekt nicht einfach. So stellen sie fest, dass es auch bei ihnen selbst große Mentalitätsunterschiede und völlig verschiedene Arbeitsweisen gibt. Die muskalische Praxis, die viel abverlangt, ist das eine. Zum anderen sehen sich die Beteiligten aber auch mit verschiedenen Kulturen und Religionen, mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen etwa zum Nahostkonflikt, aber auch mit der Vergangenheit und dem Holocaust konfrontiert. Herausfordernd ist das Projekt schließlich auch für die Filmemacher*innen Yvonne und Wolfgang Andrä (Deutschland) sowie Eyal Davidovitch (Israel), die das Projekt in Jaffa, Jerusalem und Weimar, einschließlich eines Besuchs in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar, dokumentiert haben.


Warum die du dir diesen Film ansehen solltest?


Die Texte der jiddischen Lieder, mit denen der Chor schließlich auftritt, stammen von der polnisch-jüdischen Dichterin Kadya Molodowsky (1894-1974). Aufgewachsen in einem Stetl im heutigen Weißrussland, kämpfte sie mit ihrer Kunst für Gleichberechtigung, setzte sich für die besonders Armen und für heimatlose Kinder ein. Einsatz und Kampf erleben wir auch im Chorprojekt „Kadya“. Ein Projekt, das gewissermaßen für eine andere, für eine friedvollere Welt stehen kann. Das Engagement über alle Konflikte und Probleme hinweg macht nämlich nicht nur Mut, sondern ist auch ziemlich ansteckend.

Um der Fülle des gedrehten Materials und der angesprochenen Themen halbwegs gerecht zu werden, wurde der Film in 11 Kapitel unterteilt, die auf die Schwerpunkte, um die es jeweils geht, hinweisen. In einem dieser Kapitel sprechen die Sängerinnen zum Beispiel über ihre eigenen Vorstellungen von Identität. Trotz dieser übersichtlichen Strukturierung sind nicht alle Teile der Doku gleich überzeugend. Und da die Mädchen in mehreren Sprachen reden, erfordert das Lesen der deutschen Untertitel auch ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und nach Möglichkeit auch Vorwissen über die politischen Zusammenhänge. Besonders positiv hervorzuheben ist dagegen die offene Selbstkritik der Verantwortlichen, etwa wenn die Chorleiterin des Kadya-Projekts erwähnt, dass Musik nicht nur, wie wir alle gern glauben, verbinden, sondern auch trennen kann. Zum Beispiel dann, wenn Musik gar nicht so klingt wie gewohnt. Dies ist nur einer von vielen Ansatzpunkten, mit denen der Film zur weiteren Auseinandersetzung anregt.

Holger Twele

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