Die Fremde in dir

Ein brutaler Überfall verändert alles: Die beliebte Radiomoderatorin Erica Bain liegt wochenlang schwer verletzt im Koma, während ihr Verlobter noch in derselben Nacht stirbt. Als Erica wieder entlassen wird, fällt ihr die Rückkehr in den Alltag schwer. Aus Angst vor neuer Gewalt verschanzt sie sich zunächst in ihrer Wohnung. Schließlich besorgt sie sich eine Waffe, um sich zu schützen. Schon kurze Zeit später wird Erica Zeugin eines Mordes. Als auch sie bedroht wird, schießt sie den Täter nieder und flieht. Erica ist überrascht, aber ihr gefällt auch das Gefühl, nicht mehr nur tatenlos zusehen zu müssen. Mit ihrem neuen Selbstbewusstsein zögert sie fortan nicht mehr lange: Der kürzeste Weg zur Gerechtigkeit führt durch den Lauf ihrer Waffe. Einen geheimen Verbündeten findet sie in einem Polizisten, den sie für ihre Radiosendung interviewt. Auch dieser beklagt seine Machtlosigkeit, aber im Gegensatz zu Erica hält er sich an die Regeln.

Von der Doppelbödigkeit, die Neil Jordans frühere Regiearbeiten auszeichnete, ist in dem Selbstjustiz-Thriller nichts mehr übrig geblieben. Die Rechtfertigung für die Morde inszeniert er klar und eindeutig: Gegen Gewalt hilft nur Gegengewalt, und wenn die Polizei die Nöte und Ängste der Menschen nicht ernst nimmt, dann muss eben jeder selbst für Gerechtigkeit sorgen. Anstatt Ericas Verhalten zu kritisieren und sie als gebrochene Person darzustellen, stilisiert der Film sie zu einer Heldin, deren Leid jegliche Taten legitimiert. Die filmische Gestaltung unterstützt diese Sympathie durch einen pathetischen Voice-Over-Kommentar, der einen direkten Einblick in das Gefühlsleben der von Jodie Foster gespielten Erica gibt, und dadurch, dass „die Schurken“ so undifferenziert und verabscheuenswert wie nur möglich dargestellt werden.

Stefan Stiletto