Dickinson

Serienstart:
01.11.2021
Staffel:
1
Folgen:
10
Länge der Folgen:
ca. 30 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 12 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
David Gordon Green, Lynn Shelton, Silas Howard, Stacie Passon, Patrick Norris
Darsteller:
Hailee Steinfeld (Emily Dickinson), Ella Hunt (Sue Gilbert), Anna Baryshnikov (Lavinia Dickinson), Adrian Enscoe (Austin Dickinson), Chinaza Uche (Henry), Jane Krakowski (Mutter), Toby Huss (Vater)
Genre:
Comedy , Drama
Land:
USA, 2019

Stell dir vor, du schreibst wie besessen und bist gut darin, sogar brillant. Aber es gibt da ein Problem: Nichts von alldem soll und darf veröffentlicht werden. Wie fühlt sich das an? – Die Serie macht aus der historischen Person Emily Dickinson, die zu ihren Lebzeiten (1830 - 1886) als Schriftstellerin unerkannt und unentdeckt bleibt, eine junge Frau, die gegen ihr Frauenschicksal aufbegehrt und sich doch von den Eltern immer wieder in die Zwänge der Zeit pressen lässt.


Worum es in „Dickinson“ geht:


Der Vater verbietet Emily strikt Gedichte zu veröffentlichen, die Mutter möchte sie unbedingt unter die Haube bringen. Überhaupt alles was Emily will, schickt sich nicht für eine Frau. Diese durften nämlich bis ins 19.Jahrhundert weder studieren noch wählen noch allein zu öffentlichen Veranstaltungen oder Verabredungen gehen. Sie durften keine eigenständigen Wege einschlagen und nicht lieben wen sie wollten – schon gar nicht die beste Freundin. Sich ihre eigenen Träume zu erfüllen, konnten sie also getrost vergessen, denn sie waren in jeder Hinsicht unfrei. Hört sich nach schwerer Kost an? Schon, aber entgegen den Erwartungen kommt das Ganze als überzeichnete schrill-bunte Komödie mit liebevoll ausgearbeiteten Charakteren daher. Da ist Emilys Schwester Lavinia, die im Schatten ihrer brillanten und unkonventionellen Schwester steht, aber im Stillen ihre eigene kleine sexuelle Revolution anzettelt. Da ist der einfältige, aber liebenswerte Bruder, der ausgerechnet Emilys große Liebe, ihre beste Freundin Sue, heiratet. Da ist der strenge Vater, der heimlich Emily bevorzugt, ihr aber die Unabhängigkeit verwehrt. Und da ist die Mutter, die perfekteste aller Hausfrauen, die in gelegentlichen Alkoholexzessen ihre kleinen Freiheiten sucht. Das Hauspersonal ist schwarz, aber frei, der amerikanische Bürgerkrieg steht bevor. Die Familie gibt sich aufgeklärt, dabei soll doch am besten alles so bleiben, wie es ist.


Lohnt sich die Serie für dich?


Eine heimliche Hausparty endet mit Opium im Blut und schrägem Hiphop im Ohr, bis alle Beteiligten entweder knutschen oder hoffnungslos verloren gehen. Gleiches könnte sich auch heute ereignen, spielt sich in „Dickinson“ aber in Kostümen und Kulissen des frühen 19. Jahrhunderts ab. Noch bevor der Tod, gespielt von Rapper Wiz Khalifa, als Fashionista um die Ecke kommt und Emily auf eine Kutschfahrt mit gläsernen Pferden mitnimmt, ist klar: In dieser Serie ist so einiges los! Popkulturelle Verweise und fröhliche Übertreibungen zu aktuellen Songs aus Rap und Pop peppen die halbstündigen Episoden auf. Emily Dicksons Gedichtzeilen flimmern immer wieder über die Bilder und zeigen den permanenten Schaffensprozess der Dichterin als Dauerzustand. Poetry Slam könnte man das heute nennen: Emilys unbedingten Willen alles zu beobachten, in der Fantasie zu ergänzen, in Kunst zu wandeln.

Hailee Steinfeld gibt ihrer jugendlichen Heldin eine große Portion Widerstandsgeist und Schlagfertigkeit. Da Emily aber Familie über alles stellt, kann sich ihr innerer Konflikt nicht auflösen. Ihre Zerrissenheit, ihr Anecken an der Realität und ihre Impulsivität werden immer wieder in die Schranken gewiesen. Leider tritt vor lauter schrägen Ideen und Popzitaten die etwas komplexere Geschichte in den Hintergrund. Die himmelschreiende Ungerechtigkeit, mit denen Frauen seit Jahrhunderten in ihrer Ausdruckskraft beschnitten und deren ureigene Lebenswege und Träume ignoriert und behindert werden, hätte ruhig ein bisschen mehr Raum einnehmen können.


Unser Fazit zu „Dickinson“:


Die Geschichte der berühmtesten amerikanischen Dichterin aller Zeiten wird hier als cooles und schrilles Coming-Of-Age-Märchen mit etlichen Bezügen zu heute erzählt. Wer die Anarchie dieser Neuinterpretation feiert, wird viel Spaß an der Serie haben. Schade ist allerdings, dass zu viele Außenstehende, vor allem auch Männer, im Verlauf der mittlerweile drei Staffeln Emilys Genialität angeblich erkennen und fördern wollen. Hier hätte ein bisschen mehr historische Genauigkeit die explosivere und auch abgründigere Geschichte ergeben. Auch das kann als Komödie und mit einer großen Portion Unernst und Lust an der Übertreibung erzählt werden.

Christiane Radeke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (44. Woche 2021).