Der Medicus

Als Kind muss Rob Cole hilflos mit ansehen, wie seine Mutter an der rätselhaften Seitenkrankheit stirbt, die heute unter dem Namen Blinddarmentzündung bekannt ist. Doch im England des 11. Jahrhunderts stand man dieser Erkrankung noch völlig machtlos gegenüber und auch den Beruf des Chirurgen gab es dort noch nicht. In seiner Verzweiflung schließt sich der Junge zunächst einem Wanderheiler an, der zu einem Ersatzvater für ihn wird. Als er von den sagenhaften Heilkünsten des persischen Gelehrten Ibn Sina hört, entscheidet sich Rob Cole, nach Isfahan zu reisen, um dessen Schüler zu werden. Der Meister nimmt Rob tatsächlich in seine Schule auf, nachdem er die besonderen Gaben des jungen Mannes erkannt hat, den nahenden Tod eines Menschen vorherzuahnen. Rob kann nicht nur gut mit kranken Menschen umgehen, er kommt auch den wahren Ursachen der gerade in der Stadt wütenden Pest auf die Spur und bald wagt er es sogar, die bislang für ein Tabu betrachteten Vorgänge im Inneren des menschlichen Körpers in Augenschein zu nehmen, die den Tod für seine Mutter bedeutet hatten.

Zumindest in filmischer Hinsicht ist es dem deutschen Regisseur Philipp Stölzl bravourös gelungen, den Weltbestseller von Noah Gordon, konkret den ersten Band einer Trilogie, in ein international markttaugliches opulentes Filmepos zu transformieren und großes Ausstattungs- und Unterhaltungskino zu liefern. Die Geschichte über die Entwicklung des Arztberufes ist trotz einiger Verfälschungen und Hinzudichtungen (damals gab es beispielsweise keine Pestepidemie in Isfahan) historisch klar verortet, gerade auch in der Figur des berühmten persischen Heilers, wobei allerdings die Figuren von Rob Cole und seiner im Film jüdischen Ehefrau Rebecca fiktiv sind. Als spannendes Abenteuer konzipiert, ermöglicht der Film eine Reise in eine ferne Welt und in eine viel weiter als damals in Europa entwickelte Kultur, die aus Christen, Juden und Moslems bestand. Konflikte zwischen den Religionsgemeinschaften gab es auch damals schon, nicht nur religiöser sondern auch ökonomischer Natur. Gerade vor diesem aufschlussreichen historischen Hintergrund, der Vorurteile hinterfragt und in der Romanvorlage für ein friedliches Miteinander plädiert, irritiert der Film dann in der zweiten Hälfte. Sie ist von politisch-religiösen Ungereimtheiten durchsetzt, wird in der Handlung zusehends fragmentarisch und leistet einer fundamentalistischen Betrachtungsweise unterschwellig Vorschub, in der Christentum und Islam durch ein arg simples Werteschema klassifiziert werden.

DVD-Bildformat:1:2,35; 16:9
Ton:Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Deutsch für Sehgeschädigte
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte
DVD-Extras:Making of, Trailer, Featurettes, Interview, Premiere

Holger Twele