Das Zeiträtsel

Das spurlose Verschwinden ihres Vaters, eines berühmten Physikers, hat die intelligente Meg Murry schwer getroffen und zu einer verbitterten Außenseiterin werden lassen, die von ihren Mitschülerinnen ständig gehänselt wird. Kurz nachdem sich das traurige Ereignis zum vierten Mal gejährt hat, erlebt die verschlossene Teenagerin allerdings eine große Überraschung. Urplötzlich tauchen in ihrem Garten die überirdischen Wesen Mrs. Soundso, Mrs. Wer und Mrs. Welche auf und berichten Meg, dass sie einen Hilferuf des Vermissten aus den Weiten des Universums empfangen haben. Nach kurzem Zögern bricht die 13-Jährige gemeinsam mit den drei feenähnlichen Geschöpfen, ihrem kleinen Bruder Charles Wallace und ihrem sympathischen Klassenkameraden Calvin zu einer Reise durch die Galaxie auf.

Das von Ava DuVernay (Selma) kreativ verantwortete Fantasy-Abenteuer basiert auf einem Jugendroman der US-Schriftstellerin Madeleine L’Engle, der hierzulande auch unter dem Titel „Die Zeitfalte“ bekannt ist. Bereits 2003 ließ Disney eine Fernsehadaption des Stoffes anfertigen, in der die Protagonistin jedoch von einer weißen Darstellerin gespielt wurde. Passend zur aktuellen Debatte um mehr Diversität in Hollywood-Filmen stellt DuVernays Version eine schwarze Hauptfigur in den Mittelpunkt des Geschehens. Der abenteuerliche Ritt durch unterschiedliche Dimensionen wird in der Neuauflage als buntes Spektakel mit netten optischen Einfällen und Details in Szene gesetzt. Schön anzuschauen ist beispielsweise die auf dem saftig grünen Planeten Uriel spielende Sequenz, bei der Meg, Charles Wallace und Calvin aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Angesichts dieses ausgelassenen und farbenfrohen Auftakts überrascht es allemal, dass sich immer häufiger düstere Elemente in die Geschichte einschleichen und der ebenfalls von Disney auf den Weg gebrachte Film an manchen Stellen fast schon verstörend wirkt. Gruselig ist vor allem der letzte Akt einschließlich des effektgeladenen Showdowns, der die Probleme des Fantasy-Streifens pointiert offenlegt. Obwohl Megs Schmerz über das Verschwinden ihres Vaters als zentraler Antrieb dient und die 13-Jährige langsam lernt, wieder an sich selbst zu glauben, fehlt es der Romanadaption nicht selten an emotionaler Strahlkraft. Da auch der Handlungsaufbau etwas holprig und wenig ausgereift erscheint, verlässt man das Kino mit reichlich gemischten Gefühlen.

Christopher Diekhaus