Das Massaker von Katyn

Mit diesem Film schließt Meisterregisseur Andrzej Wajda seine filmische Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg und der polnischen Vergangenheit, die er 1957 mit dem Widerstandsdrama „Der Kanal“ begonnen hatte, ab. Beim Massaker von Katyn, dem auch Wajdas Vater als Offizier zum Opfer fiel, ermordete die Rote Armee in den Wäldern des Ortes systematisch über 22.000 polnische Offiziere und Intellektuelle. Diese Gräueltaten wurden über viele Jahrzehnte hinweg den Deutschen angelastet, die im September 1939 Polen überfallen und damit den Krieg ausgelöst hatten. Noch im selben Monat marschierte vom Osten her die russische Armee in Polen ein, übernahm die Macht und steckte die geistige und militärische Elite des Landes zunächst in Arbeitslager, bevor sie im April 1940 auf Befehl von Josef Stalin eliminiert wurde. Über viele Jahrzehnte hinweg wurde dieses dunkle Kapitel der polnisch-russischen Geschichte totgeschwiegen und nun zum ersten Mal im Film aufgegriffen. Der politischen Brisanz des Themas wegen beschränkte sich Wajda ausschließlich auf Originaldokumente und die Aufzeichnungen von Ermordeten und ihrer Hinterbliebenen, die nach dem Krieg mutig und verzweifelt um ein angemessenes Gedenken an ihre Toten kämpften.
Im Mittelpunkt des Films steht exemplarisch der polnische Offizier Andrzej, der mit vielen anderen vor der Übermacht der russischen Armee kapituliert und in ein Kriegsgefangenenlager gesteckt wird. Es gelingt seiner Frau Anna zusammen mit ihrer Tochter zwar, ihn auf einer beschwerlichen Reise mit dem Fahrrad ausfindig zu machen, doch Andrzej, der zu diesem Zeitpunkt noch fliehen könnte, fühlt sich seinem Soldateneid verpflichtet. Nur dank der Hilfe eines russischen Offiziers entkommt Anna später den Nachstellungen des russischen Geheimdienstes, der zur Vertuschung des Verbrechens auch die direkten Angehörigen der Offiziere deportiert. So vermeidet der Film pauschale Verurteilungen, denn mutige und ehrenhafte Menschen gab es offenbar auf allen Seiten. Nach dem Krieg werden die Verbrechen der deutschen Wehrmacht in die Schuhe geschoben, Beweismaterial gefälscht oder vernichtet und die Angehörigen der ermordeten Offiziere vom sowjetischen Geheimdienst massiv unter Druck gesetzt.
Im Film, der 2008 für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert war, ist auch historisches Filmmaterial von der Exhumierung der Massengräber zu sehen, das jeweils zu Propagandazwecken für oder gegen die Deutschen verwendet wurde. Sind diese Szenen schon schockierend genug, endet der Film mit den in ihrer ganzen Brutalität und Unmenschlichkeit exakt inszenierten Tötungen der Offiziere.

DVD-Bildformat: 1:2,35; 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Polnisch

Holger Twele