Das Gesetz der Familie

An einem idyllischen kleinen Flecken irgendwie im Nirgendwo des südwestlichen Englands haust der Cutler-Clan in einer leicht chaotischen Wohnwagenburg. Seit vielen Jahrzehnten schon bezieht die kriminelle Großfamilie hier ihr Quartier, um gelegentlich zu nächtlichen Einbrüchen loszuziehen oder die naheliegende Ortschaft mit provokanten Aktionen und Verfolgungsjagden in Aufruhr zu versetzen. Die hiesigen Polizisten kennen sie nur allzu gut, können aber kaum etwas unternehmen – denn die Cutlers sind ihnen immer eine Nase voraus. Und die Dorfbewohner wissen, dass man sie besser nicht gegen sich aufbringt.

Aber was wie ein unzerstörbares Familiengefüge aussieht, bricht langsam auf. Chad, dem Sohn des Clan-Oberhaupts Colby, wird allmählich bewusst, dass das hier kein Umfeld für seine Kinder ist. Der Alte versucht sogar schon, den jungen Tyson aus der Grundschule zu nehmen – schließlich würde man da sowieso nur blödes Zeug lernen. Chad selbst war wegen dieser Ansichten seines Vaters nie in der Schule und er ist nicht gerade glücklich darüber. Deshalb unternimmt er nun die ersten Schritte, um ein sicheres Umfeld für seine Familie zu schaffen. Doch hat er dabei Colbys Dickkopf unterschätzt, der seinen Thronfolger auf keinen Fall gehen lassen will. Außerdem wirft ein größerer Coup die herrschenden Verhältnisse etwas durcheinander und die Cops machen jetzt mit allen Mitteln Jagd auf Chad. Also nicht gerade die beste Zeit für einen Neuanfang.

Es braucht seine Weile, um sich in „Das Gesetz der Familie“ einzufinden. Regisseur Adam Smith wirft uns hier mitten in das Fragment eines Lebensstils, der für den Normalbürger nahezu unvorstellbar scheint. Colby Cutler ist ein bisschen wie der Pate in diesem ansonsten idyllischen Landstrich. Aber statt ein Imperium aufzubauen, sieht er sich auf verquere Weise als modernen Robin Hood und versackt in dieser Rolle. Er und seine Leute führen das Leben von Gammlern, die ihre Tage mit Kleinjungenstreichen im größeren Stil verbringen und sonst nicht viel mit sich anzufangen wissen. Beim Termin mit der Klassenlehrerin seines Sohnes taucht Chad wie üblich in ranzigen Jogginghosen und abgelaufenen Turnschuhen auf. Zukunftsperspektive sieht anders aus. In der normalen Welt ist Chad vollkommen aufgeschmissen, wie sich wiederholt zeigt. Nur seine Frau Kelly scheint sich hier noch ihre Würde bewahren zu können.

Doch in der Rolle des bösen Jungen blüht er dafür jedes Mal umso mehr auf. In den rasanten und perfekt inszenierten Actionszenen bringt Star-Schauspieler Michael Fassbender (X-Men, Assassin’s Creed, Stve Jobs) eine selten gesehene Coolness rüber – etwa wenn er mitten in einer Verfolgungsjagd an der Tankstelle hält, weil er neue Kippen braucht. So als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Überhaupt hat „Das Gesetz der Familie“ einige äußerst erfrischende Momente parat. Wenn man bereit ist, sich auf die Sprunghaftigkeit des Films einzulassen, auf jeden Fall eine Empfehlung – erst recht bei der großartigen Besetzung.

DVD Extras: Behind the Scenes, Featurette, Trailer

Blu-ray Extras: Behind the Scenes, Featurette, Trailer

Marius Hanke