Dancer - Bad Boy of Ballet (OmU)

Sergei Polunin gilt als Ballet-Wunderknabe. In rasantem Tempo entwickelt er sich zum besten Tänzer seiner Altersgruppe und wird im Alter von 19 Jahren zum jüngsten Solisten des Londoner Royal Ballets. Hartes, diszipliniertes Training, das er meistert, weil seine Leidenschaft fürs Tanzen ihn antreibt, führt zum Erfolg. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere beschließt Sergei zwei Jahre später, der Tanzwelt den Rücken zu kehren. Er möchte endlich ein normales Leben führen.

Für das Portrait des jungen Künstlers wurde umfangreiches Archivmaterial aus Privataufnahmen der Familie Polunin zusammengetragen. Aufnahmen aus der Kindheit in der Ukraine, Interviews mit der Familie, die Sergeis Ausbildung unterstützt und Bilddokumente vom Ballettunterricht sowie von Familienausflügen sind geschickt mit Interviewsequenzen des Tänzers montiert. Als Person rückt der Star aus dem Tanzbusiness auf diese Weise näher und wird in vielen Facetten fassbar. Bestechend ist die Ehrlichkeit, mit der Sergei seine Situation beschreibt. Wie ihn belastet, dass seine Familie sich „aufopfert“, damit er seine Ausbildung abschließen kann, aber auch wie wichtig für ihn familiärer Zusammenhalt ist. Brillant unterstützen Bildaufnahmen den Kontrast zwischen Glamour und Arbeitsalltag, dokumentieren die Szenerie hinter den Kulissen und machen so einfühlsam die Zerrissenheit Sergeis nachvollziehbar. Die Bildmontage verdeutlicht seinen Stress, die Belastung und aufkommende Zweifel am Lebensinhalt ebenso wie die empfundenen Momente, in denen Tanz Befreiung, Erfüllung und Faszination bedeutet. Als Sergei Polunin beschließt, seine Karriere als Jahrhunderttänzer hinter sich zu lassen, inszeniert er mit Filmkünstler David La Chapelle ein Video zu Hoziers Welthit „Take Me To Church“. Die Geschichte des jungen Künstlers ist fesselnd und einfühlsam dokumentiert – auch für Menschen, denen Ballett erst mal fremd ist.

Kristin Langer