CODA

Länge:
111 Minuten (Blu-ray: 111 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Siân Heder
Darsteller:
Emilia Jones (Ruby Rossi), Marlee Matlin (Jackie Rossi), Troy Kotsur (Frank Rossi), Daniel Durant (Leo Rossi), Eugenio Derbez (Bernardo Villalobos) u. a.
Genre:
Drama , Jugend
Land:
USA, 2021

Ach, es gibt einfach wunderschöne kleine Szenen in diesem US-amerikanischen Indie-Film, der 2021 beim Sundance-Festival nicht nur mit dem Grand Jury-Preis, sondern auch dem Regie-, dem Ensemble- und dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Zum Beispiel jene, in der die 17-jährige Ruby gemeinsam mit ihrem Klassenkameraden ein Duett einstudieren soll, und zwar ausgerechnet zu der großen Liebeshymne „Your’re all I need to get by‟ von Marvin Gaye und Tammi Terrell. Wie großartig fühlt es sich an, seiner heimlichen Liebe auf einmal die schönsten Liebesbekundungen ins Gesicht singen zu dürfen! Und wie seltsam, wie schwer, wie unangenehm, wie peinlich ist es gleichzeitig! So sehr, dass Ruby Miles dabei gar nicht in die Augen sehen kann und beide danach Rücken an Rücken üben, aber immerhin mit Körperkontakt. Unheimlich charmant ist diese Szene, weil man sich so toll in Ruby hineinversetzen kann und mit ihr leidet. Zu diesem Zeitpunkt weiß man bereits, dass das Singen alles für sie ist und ihr Miles auch deshalb so viel bedeutet, weil sie mit ihm eine Leidenschaft teilt, die ihre Familie nicht versteht. Nicht, weil sie sie nicht verstehen wollte, sondern weil sie es einfach nicht kann. Ruby ist in ihrer Familie die einzige, die hören kann – ihre Eltern und ihr älterer Bruder Leo sind gehörlos.


Was dich im Film „CODA‟ erwartet:


„CODA‟, abgekürzt für „child of deaf adults‟ (Kind gehörloser Eltern), ist das Remake des französischen Films „Verstehen Sie die Béliers?‟ und verlagert die Handlung von Westfrankreich in die Kleinstadt Gloucester in Massachusetts in den USA, wo viele Menschen von der Fischerei leben. Dazu gehören auch Rubys Eltern. Und Rubys Mithilfe im Familienbetrieb ist unabkömmlich. Ihre gehörlosen Eltern sind auf sie als Dolmetscherin angewiesen und brauchen sie, um beim Fischen Anweisungen per Funk erhalten zu können. Genau dies bringt Ruby so sehr in Bedrängnis. Sie weiß, dass sie gebraucht wird und will ihre Familie nicht im Stich lassen, die gerne mal von skrupellosen Hörenden bei Geschäften ausgetrickst wird. Zugleich aber will sie auch ihren eigenen Weg gehen – was noch schlimmer wird, weil ihr großes Talent im Singen liegt und damit in einer Welt, die ihren Eltern verschlossen bleibt. Als der Musiklehrer Bernardo Villalobos Ruby unterrichten will, um an einer Aufnahmeprüfung für eine Musikhochschule teilzunehmen, sagt Ruby zu. Anfangs gelingt ihr noch der Spagat zwischen Familie und Gesangsausbildung, doch bald droht alles schiefzulaufen.


Ob sich ein Blick in „CODA‟ lohnt?


Der Konflikt von Ruby könnte eigentlich nicht größer sein. Und der Film von Siân Heder schafft es auch, stets ganz nah bei den Figuren zu bleiben und in ihre Welt einzutauchen, sogar in jene der Nebenfiguren. Aber trotzdem kann „CODA‟ nicht verleugnen, dass er im Kern dann doch ein Feelgood-Movie ist, wie es im Buche steht. Es gibt viel Witz, ein wenig platten Humor (Rubys Eltern beim lautstarken Sex, während Miles zu Besuch ist), unvermeidliche Montagesequenzen zu netter Musik und die obligatorische Szene, in der Ruby, die von Emilia Jones („Locke & Key‟) gespielt wird, all ihren Frust laut hinaus schreit. So geht „CODA‟ immer wieder zu Herzen, berührt und macht Spaß, verunsichert aber nicht. Aber vielleicht gelingt ihm gerade dadurch ein schöner Einblick in die Lebenswelt gehörloser Menschen, die hier auch wirklich von gehörlosen Schauspielerinnen und Schauspielern verkörpert werden, fernab eines üblichen Problemfilms. Und vielleicht die schönste Erkenntnis ist, dass man auch mit den Händen singen kann.

Stefan Stiletto

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch u. a.

Untertitel: Deutsch, Englisch u. a.

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (32. Woche 2021).