Climax

Länge:
89 Minuten (Blu-ray: 93 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 18 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
06.12.2018
Regie:
Gaspar Noé
Darsteller:
Sofia Boutella (Selva), Romain Guillermic (David), Kiddy Smile (DJ Daddy), Claude Gajan Maull (Emmanuelle), Thea Carla Schott (Psyche), Adrien Sissoko (Omar)
Genre:
Drama , Musikfilm
Land:
Frankreich, 2018

21 junge Tänzer beenden ihre gemeinsame Probenzeit mit einer Party in einem abgelegenen Übungsgelände irgendwo in einer verschneiten Einöde. Es ist das Jahr 1996 und die Tänzer unterschiedlichster ethnischer Herkunft liefern sich spielerische Dance Battles auf der Tanzfläche. Energie geladene Erotik und wilde Akrobatik, jeder darf einmal im Mittelpunkt stehen, umkreist vom euphorischen Kollektiv der Tänzer. Die abgeklärte Selva scheint im Hintergrund die Fäden zu ziehen, während Emmanuelle ihren kleinen Sohn mitgebracht hat, um ihn von klein auf zum Tänzer zu erziehen. Was wild, aber kollektiv fröhlich beginnt, steigert sich im Verlauf der Nacht zu einem immer unkonrtrollierteren Exzess. Der Muslime Omar und eine schwangere Tänzerin sind die einzigen, die nicht von der Sangria Bowle getrunken haben. Und in diese wurde offenbar eine bewusstseinserweiternde Droge gemischt. Doch das führt nicht etwa zu einer Vertiefung der gemeinschaftlichen Erfahrung sondern schleudert alle Beteiligten in eine unheilvolle Isolation. Omar wird als erster verdächtigt, die Droge der Bowle beigemischt zu haben, er wird knapp bekleidet im Schnee ausgesetzt. Die muskulöse Bats tritt der Schwangeren in den Bauch, vielleicht ist sie ja die Schuldige. Die Mutter schließt den kleinen Sohn in einen Kellerverschlag mit hoch gefährlichem Elektro-Sicherheitskasten. Aus Zuneigung wird roher Sex, aus Spannungen offene Gewalt, aus depressiver Angst Selbstmord. Homoerotik, Eifersucht, Inszest, es gibt nichts, was es nicht gibt. Völlig entfesselt schraubt sich die Spirale von Misstrauen, Begehren und Gewalt immer weiter hoch.

Gaspar Noé ist immer für einen Skandal gut. Schon seine Vorgängerfilme „Irreversible“ oder „Love“ gelten als filmische Grenzerfahrung. Climax beginnt mit dem Ende und einer eigentlich wunderschönen Kranfahrt im Schnee. Irgendwo unten, allein und verzweifelt, stirbt eine junge Frau im Schnee. Dann folgt ein frontales Casting der 21 Tänzer. In kurzen Statements stellen sie sich vor, schon hier ist ihr Bezug nicht nur der Tanz, sondern auch ihre sexuellen Vorlieben. Umrahmt wird das Castingvideo von einem altmodischen Fernsehapparat, Büchern und VHS Cassetten – Noé zeigt seine filmischen und philosophischen Bezüge. Die anfänglichen Tanzszenen sind voller Energie, Professionalität und Exzentrik. Beeinflusst von den Tanz- und Musikströmungen der 90er Jahre fließen Tanzstile wie Vouging oder Crumping, Hip Hop und erotisches Posing ein. Der dann folgende Höllentrip ist durch seine vorhersehbare Eskalation schwer zu ertragen. Nur zwei Seiten Drehbuch gab es, die Tänzer improvisierten in nur zwei Wochen Drehzeit alle Dialoge. Eine Handkamera folgt dem Absturz in immer freieren und wilderen Fahrten. Um diesen Film zu genießen, muss man sich auf seine offensive Künstlichkeit als Kunstform einlassen können. Die einzig erkennbare Dramaturgie ist die des Exzesses. Als am Ende des Films am nächsten Morgen Polizisten mit einem kläffenden Hund die traurigen Reste der Szenerie besichtigen, ist es bei aller Abgründigkeit eine wahre Erleichterung. Und doch gibt es hier ein bisschen Trost. Paare haben sich zusammengefunden. Wenn es auch vor allem rauschhafter Sex war, so haben nach Angst, Paranoia und Verderben doch menschliche Begegnungen stattgefunden.

Christiane Radeke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Mehrsprachig

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (15. Woche 2019).