Boys in the Trees

Für Corey und Jonah beginnt das Abenteuer gleich hinter dem Fluss. Ist dieser erst einmal überschritten, befinden sich die beiden Jungen in einer fantastischen Welt, in der alles möglich ist und die von Geistern und Zombies bewohnt wird. In den Stamm eines großen Baums haben sie ihre Initialen eingeritzt. Ihre Freundschaft soll auf ewig bestehen. Doch ein paar Jahre ist diese Zeit nur noch eine blasse Erinnerung. Mittlerweile stehen Corey und Jonah auf unterschiedlichen Seiten. Corey hat sich der Skatergang um den coolen Jango angeschlossen, der seine Macht gerne zur Schau stellt, indem er Schwächere bloßstellt. Und der schmächtige Jonah ist eins von Jangos Opfern geworden. Als sich Jonah in einer Halloween-Nacht verletzt, ist nur Corey in der Nähe. Weil Jonah immerhin einmal sein bester Freund war, begleitet er ihn nach Hause. Aufs Neue verschwimmen Fantasie und Wirklichkeit.

Man kann dem Regiedebüt von Nicholas Verso einiges vorwerfen: Dass er zu lange ist etwa. Oder dass die Sätze der Figuren manchmal ein wenig zu gekünstelt und gewollt wirken. Aber trotzdem gelingt es ihm, durch sein Gespür für Atmosphäre in den Bann zu ziehen. Corey und Jonah haben gerade ihren High-School-Abschluss hinter sich gebracht und stehen an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Vor allem Corey will eigentlich nur weg – wovon er allerdings weder seinem Vater noch seinen Freunden etwas erzählt hat. Und dass die Demütigungen von Jonah längst die Grenze des Erträglichen überschritten haben, macht ihm auch zu schaffen. All dies macht Corey zu einer ziemlich interessanten Figur, auf die man sich gerne einlässt. Coreys Reise mit Jonah durch die Nacht wird dann für ihn auch zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und sich selbst.

Am besten ist „Boy in the Trees“, wenn er die Grenzen der Realität hinter sich lässt und in eine unheimliche Zwischenwelt eintaucht. Das beginnt bereits, wenn er zeigt, wie die maskierte Jugendgang mit ihren Horrormasken auf Rädern durch die Stadt fährt, und setzt sich fort, wenn Schatten an der Wand plötzlich ein Eigenleben zu führen beginnen. Ein düsterer Coming-of-Age-Film über Verunsicherung, Freundschaft und Schuld, Verantwortung und die Suche danach, wer man eigentlich sein will. Und einer, der durch seine schöne Musikauswahl eine bestimmte Zeit wieder auferstehen lässt: Wir befinden uns im Jahr 1997, als der Soundtrack des Lebens der Jugendlichen von Bands wie Bush, Garbage und Rammstein geprägt wird – und im Radio East 17 dudelt.

Blu-ray-Bildformat: 1:2,35/1080p
Ton: dts HD 5.1 MA
Sprachen: Deutsch dts HD 5.1 MA/Englisch dts HD 5.1 MA

Stefan Stiletto