Black Snow

Serienstart:
12.04.2023
Staffel:
1
Folgen:
6
Länge der Folgen:
42 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Sian Davies, Matthew Saville
Darsteller:
Travis Fimmel (James Cormack), Talijah Blackman-Corowa (Isabel Baker), Jemmason Power (Hazel Baker als Erwachsene), Jimi Bani (Joe Baker), Seini Willett (Glenda Baker) u. a.
Genre:
Krimi , Drama
Land:
Australien, 2022

Gerade dort, wo alles friedlich scheint, lauert das Böse unablässig, führen dunkle Geheimnisse zu schrecklichen Verbrechen. Wir kennen das. Gefühlt handelt jeder zweite Krimi von den Abgründen im Hinterland, von verschlossenen Menschen, die in Schuld zu ersticken drohen. Nicht anders ist es in der australischen Fernsehserie „Black Snow“, die allerdings über die üblichen Klischees hinauswächst. Warum? Zum einen, weil sie atmosphärisch gut gebaut ist. Zum anderen, weil wir durch den im Zentrum stehenden Mord an der Teenagerin Isabel Baker immer wieder auch etwas über die in Australien lebenden südpazifischen Migrant*innen erfahren, die von der weißen Elite als Arbeitskräfte ausgebeutet wurden.


Wovon die Serie „Black Snow“ handelt:


Die Kleinstadt Ashford im Jahr 1994: Für Isabel Baker würde eigentlich schon bald ein aufregender neuer Lebensabschnitt beginnen. Doch ausgerechnet nach der schulischen Abschlussfeier wird sie ermordet aufgefunden. Ein Wanderarbeiter müsse der Täter sein, so die Mutmaßungen des lokalen Polizeichefs, der den Fall schnell zu den Akten legt, da sich keine brauchbaren Hinweise ergeben. 25 Jahre sDerpäter stockt den Menschen der Atem, als an der Highschool eine 1994 vergrabene Zeitkapsel geöffnet wird und die damals verfassten Texte der Schüler*innen feierlich verlesen werden. Isabel malt sich in ihrem Schreiben aus, wo sie 2019 in ihrem Leben stehen wird, spricht von finsteren Kräften im Ort und deutet an, dass man sie ermorden könnte. Der aus Brisbane kommende Ermittler James Cormack beginnt daraufhin, in der Vergangenheit zu wühlen, was Isabels jüngere Schwester Hazel zunächst missfällt.


Warum diese Crime-Serie gefangen nimmt:


Eine Zeitkapsel, die das Mordopfer in gewisser Weise wiederauferstehen lässt, Gedanken und Gefühle kurz vor dem Tod greifbar macht – das ist ein starker Ausgangspunkt für einen Krimi. „Black Snow“ erzeugt recht schnell eine fiebrige Intensität. Nicht zuletzt, weil der mit persönlichen Dämonen ringende Ermittler Cormack in Travis Fimmels vibrierender Darbietung wie ein Getriebener auftritt. Was in ähnlichen Filmen und Serien als Standardbaustein verheizt wird, wirkt hier ehrlich und fesselt dadurch mehr als üblich. Der labile Polizist bemüht sich glaubhaft, Isabels strenggläubige Familie nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Mindestens genauso viel Eindruck hinterlässt die Figur der Toten, die wir in mal längeren, mal kürzeren Rückblenden näher kennenlernen. Allgegenwärtig ist Isabel auch im Hier und Jetzt, wo Cormack sie und ihr Leben zu fassen bekommen möchte. Immer wieder sucht ihre Stimme, suchen ihre unheilvollen Zeilen aus dem Zeitkapseltext den Handlungsstrang von 2019 heim. Newcomerin Talijah Blackman-Corowa liefert eine bemerkenswerte Leistung ab, zeichnet das mitreißende Porträt einer ebenso lebensfrohen wie nachdenklichen jungen Frau, die sich vornimmt, die Missstände in ihrem Heimatort anzuprangern und menschliche Wölfe im Schafspelz zu entlarven.

Cormack stößt bei seiner Suche nach der Wahrheit auf klassische Kleinstadtklüngel, begegnet einigen unangenehmen Gestalten und ist sich früh sicher, dass Isabel ihren Mörder gekannt haben muss. Auch wenn einige Nebenfiguren nur angerissen werden, entsteht ein lebendiger Provinzkosmos, der durch Isabels Hintergrund noch vielschichtiger erscheint. Wann bitte kommt schonmal eine australische Serie nach Deutschland, die von südpazifischen Migrant*innen erzählt? Von Menschen, die Unterdrückung und Ausgrenzung erfahren haben und immer noch erfahren. Ohne die Brechstange zu benutzen, öffnet uns „Black Snow“ die Augen für Gräben zwischen Schwarzen und Weißen in Ashfords, für die aus der Zeit des Kolonialismus herrührenden Wunden. Am deutlichsten zeigen sich diese Spannungen bei Hazels Tochter Kalana, die in ihrer Tante Isabel eine Aktivistin sieht und gegen die Ausbeutung ihrer Vorfahren protestiert. Bildung sei der beste Weg, so hört es die Teenagerin mehrfach, um die gesellschaftlichen Schranken zu durchbrechen. Einer von vielen wichtigen Punkten in dieser Krimi-Serie, die Nervenkitzel, emotionale Ausdruckskraft und historisch-soziale Einblicke überzeugend kombiniert.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (1. Woche 2023).