Billie Eilish: The World's A Little Blurry

Länge:
140 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 12 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
R. J. Cutler
Darsteller:
/
Genre:
Dokumentation , Musikfilm
Land:
USA, 2021

Billie Eilish ist vielleicht das überraschenste Popereignis unserer Zeit. Weltweit tanzen und weinen Leute zu ihren Texten, fühlen sich von ihr mitgenommen und verstanden. Bei den zahlreichen Konzertmitschnitten in dieser Doku sieht man oft die Masse von Fans, viele davon Tränen überströmt mitsingend. Billies Texte sind direkt, sie sind ebenso feministisches Empowerment wie Weltschmerz und ganz normaler Liebeskummer. Inspieriert werden sie von ihrem Tagebuch, das von Monstern und Ängsten bevölkert ist. Daraus macht sie gemeinsam mit ihrem Brudern Songs über das gigantische Gefühlschaos namens Jugend.


Was dich in „Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“ erwartet:


Sie springt wie ein Kobold in Oversize Streetware über die Bühne, dann haucht sie mit ihrer zarten, aber eindringlichen Stimme ihre powervollen Tagebuchtexte ins Mikrophon: „I'm not afraid anymore, what makes you sure you're all I need?“. Sie stolpert, sie fällt, sie zweifelt und dann wieder ist sie einfach nur euphorisch über ihren kometenhaften Erfolg. Nichts daran wirkt gekünstelt, und trotzdem ist sich Billie Eilish – als wäre es das Natürlichste der Welt – immer ihrer medialen Selbstinszenierung bewusst. Als öffentliche Person drückt sich das in immer schriller werdenden Outfits aus. Dann aber sitzt sie alltäglich privat im Schneidersitz auf dem Bett ihres Bruders, der die Musik beisteuert, sie Texte und Gesang.

Wenn Eilish direkt auf ihre Fans trifft – sehr viele davon sind weiblich – und diese umarmt, dann sagt sie Sachen wie: „Ich betrachte die Crowd nicht als meine Fans, ich existiere nur durch sie, sie sind ein Teil meiner Persönlichkeit“. Von ihrer großen Angst vor Hate im Internet erzählt ihr Bruder. Mittlerweile ist sie ein Weltphänomen mit aktuell 94,5 Millionen Followern auf Instagram. Billie Eilish ist sich ihrer Rolle und dem immensen Druck nur allzusehr bewusst. Sie ist ein Weltstar und verausgabt sich bis zu massiven Verletzungen auf der Bühne. Wenn die Musikindustrie ins Spiel kommt, allesamt weiße ältere Männer, dann wirkt Eilish genervt und verstört. „Was wollen diese Random Leute von mir?“, sagt sie. Dabei bedient sie doch permanent ihr Megastar Image. Was ist echt, was Selbstdarstellung, was dokumentarische Inszenierung? Eine Antwort auf diese Fragen gibt die Musikdoku nicht.


Lohnt sich ein Blick in die Billie Eilish Doku?


Zwei Jahre hat der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilmer Billie Eilish begleitet. Der Film gibt private Einblicke in Billies Familie, die beständige Musikproduktion, die nach wie vor im Zimmer ihres Bruder Finneas stattfindet, zeigt die liebevoll aufopfernde Arbeit der Eltern. Billies Karriere ist ein Familienunternehmen. Billies Mutter ist es auch, die im letzten Drittel des Films die düster depressiven Texte ihrer Tochter – die vielen Eltern auf der Welt Anlass zur Sorge geben – kommentiert. Es wäre vermessen zu behaupten, die heutige Jugend sei privilegiert und wisse nicht, wie gut es ihr gehe, sagt sie. Wer heute jung ist, habe allen Grund depressiv zu sein: Entfesselter Hass, Opiod-Epidemie, Umweltzerstörung, der Planet in Gefahr. An anderer Stelle, die Geschwister arbeiten gerade an dem Song „Listen before I go“, fragt die Mutter besorgt, ob sie denn etwa vorhabe Selbstmord zu begehen. Und Billie antwortet sinngemäß, dass sie aus ihren Gefühlen Kunst mache, hindere sie doch gerade daran, es zu tun.

Die über zweistündige Musikdoku ist bestimmt etwas für Fans von Billie Eilish – aber darüber hinaus zeigt sie, wie brutal fremdbestimmt Stars mit zunehmender Popularität sind und liefert aus der beharrlichen Beobachtung heraus eine Erklärung für Eilishs Popularität: Die geballte Ladung Gefühl und Empowerment einer Generation, die in einer irgendwie schwer fassbar kaputten Welt ihr Recht auf Lebensfreude einfordert. Eilish gibt deren Sehnsucht nach echten Gefühlen eine Stimme.

Christiane Radeke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (8. Woche 2021).