Atlantide

Länge:
100 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
08.09.2022
Regie:
Yuri Ancarani
Darsteller:
Daniele Barison, Maila Dabalà, Bianka Berényi, Jacopo Torcellan, Alberto Tedesco
Genre:
Drama , Dokumentation , Jugend
Land:
Italien, Frankreich, Katar , 2021

Regisseur, Autor, Kameramann und Cutter Yuri Ancarani ist als Videokünstler bekannt geworden. Bei seinem ersten Film „Die Herausforderung“ zeigte er die völlig abgehobene Welt junger Scheichs aus Qatar. „Atlantide“ widmet sich im Gegensatz dazu einer verlorenen jungen italienischen Generation, die am Rand der Gesellschaft lebt.


Das erwartet dich in „Atlantide“:


Der 24-jährige Daniele lebt auf dem Wasser. Die Lagune von Venedig ist sein Zuhause, die schmale, zu einem Rennboot aufgemotzte Holzbarke seine Leidenschaft. Mit Wettrennen vertreibt er sich die Zeit. Irgendwann möchte Daniele auf der Liste der Schnellsten stehen. Momentan aber kann sein Boot mit denen der anderen nicht mithalten. In wilden, experimentellen Bildern, irgendwo zwischen Dokumentation und Fiktion, zeigt das rauschhafte Filmerlebnis ein Leben zwischen Feierwut, Sinnentleerung und Lähmung. In den Tag leben ohne jede Orientierung, etwas anderes kennt Daniele nicht. Er bleibt dabei immer für sich.

Filmemacher Yuri Ancarani lenkt immer wieder den Blick auf die Körper, nackte Oberkörper, die fast schon kultisch überhöht, gleichzeitig aber auch ironisch präsentiert werden. Denn niemand hier steht auf der Gewinnerseite, da hilft auch alles männliche Posieren nicht. Er will respektiert werden, sagt Daniele an einer Stelle. Die Wettrennen auf dem Wasser spiegeln seine Ziel- und Sinnlosigkeit. Wirkliche Begegnungen gibt es nicht. Und Sex bleibt Sex ohne jede echte Zuwendung, aber dennoch voller Hingabe und Schönheit.


Warum dieser Film sehenswert ist:


„Atlantide“ ist keine geradlinige Story, keine gesellschaftskritische Doku, Dialoge kommen nur selten vor. Die Grenzen zwischen Fiktion und Realem sind hier komplett aufgelöst. Es geht um Orte, die immer auch Gefühlswelten sind, und an denen sich unerwartete Abgründe auftun. Psychedelisch schimmert Öl auf dem Lagunenwasser, Neonfarben tauchen Sex im Drogenrausch auf dem Boot in surreale Bilder, das Farbenspiel am Himmel, Gewitter oder Feuerwerk, dazu das spiegelglatte endlose Wasser, das von rasenden Booten der jungen Männer durchschnitten wird. Ein absurd mächtiges Kreuzfahrtschiff wird zur unwirklichen Hintergrundkulisse bei einem Rave am Ufer. Einmal taucht bei einem Nachtbild sogar die Toteninsel auf, von einem fahlen Mond beschienen.

Der Film ist in jeder Hinsicht ein Balanceakt und funktioniert im Kino sehr gut, wenn du dich darauf einlassen kannst. Musik stammt u.a. vom italienischen Rapper Sick Luke. Am Ende wird sie immer mehr zum orchestralen Filmscore und die Bilder dazu vollends experimentell. Klischeevorstellungen von Venedig lösen sich in düstere Einstellungen auf, die Welt steht auf dem Kopf. Das spannende und ungewöhnliche Filmexperiment lief bereits international auf Festivals und kommt im September in Deutschland in die Kinos.

Christiane Radeke

Anbieter

Filmverleihrapid eye movies REM