Alle Katzen sind grau (OmU)

Als Dorothy auf dem Speicher ein altes Kleid ihrer Mutter findet und dieses spaßeshalber anzieht, kommt es zum Eklat. Die 15-jährige Jugendliche versteht überhaupt nicht, was nun wieder los ist. Aber das bestärkt Dorothy nur in ihrem Gefühl, dass ihre Mutter nicht mit offenen Karten spielt und ihr einige Dinge verheimlicht. Etwa auch darüber, wer ihr echter Vater ist. Denn Dorothy hat gute Gründe zu glauben, dass ihr vermeintlicher Vater nicht auch ihr biologischer Vater ist. Weil ihr die Geheimniskrämerei auf die Nerven geht, beginnt sie mit einer Freundin, auf eigene Faust zu recherchieren. Der erfolglose und ein wenig suspekte Privatdetektiv Paul soll ihr dabei helfen. Doch Dorothy ahnt nicht, wen sie da angeheuert hat. Denn Paul hatte tatsächlich einmal eine kurze Affäre mit Dorothys Mutter und hält sich für ihren Vater. Weil er das Dorothy aber keinesfalls erzählen darf, gerät er nun in eine seltsame Lage. Während Dorothy und Paul sich allmählich kennenlernen, wird auch Dorothys Mutter dazu gezwungen, sich ihrer Vergangenheit und einem verdrängten Ereignis zu stellen.

Einfühlsam und bedächtig folgt die belgische Regisseurin Savina Dellicour Dorothy bei der Suche nach ihrem Vater und erzählt dabei ebenso klug wie atmosphärisch über Schein und Sein, echte und gefühlte Wahrheiten. Auf allzu einfache Lösungen setzt der Film dabei nicht, lotet Wünsche und Erwartungen, aber auch Enttäuschungen aus. Obwohl Dorothys Sichtweise den Film bestimmt, wechselt die Perspektive doch auch gelegentlich zu Paul und ihrer Mutter und lässt so ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht entstehen, durch das alle Figuren zu ihrem Recht kommen. Getragen wird der Film, der bisweilen mit dem Muster des Detektivfilms spielt, von der schönen melancholischen Stimmung und den dazu passenden kühlen Bildern, vor allem aber auch dem großartigen Zusammenspiel von Manon Capelle als sympathisch-frecher Dorothy und Bouli Lanners als schweigsamem Privatdetektiv. Diesen beiden ist es auch zu verdanken, dass die Handlung nicht überkonstruiert wirkt, sondern sich echt und glaubwürdig anfühlt.

Stefan Stiletto