Familie zu vermieten

Paul-André hat mit Softwareprogrammen ein Vermögen verdient, jetzt hat er ein riesiges Designerhaus, einen Assistenten, der ihm alles abnimmt und Depressionen wegen seiner Einsamkeit. Violette hat keinen Job und kein Geld und klaut deshalb im Supermarkt Lebensmittel. Als sie erwischt wird, schlägt sie den Detektiv zusammen und wird verhaftet. Paul-André sieht im Fernsehen, wie sie dafür plädiert, dass sie ihre Kinder behalten darf, denn eine Familie sei doch der Hort der Geborgenheit und deshalb unerlässlich für ihre positive Entwicklung. Ihre Worte berühren den verschrobenen Einzelgänger so, dass er ihr einen etwas seltsamen Vorschlag macht: Sie lässt ihn drei Monate lang an ihrem Familienleben teilhaben und er übernimmt dafür ihre Schulden, zahlt ihr ein Jahresgehalt und sorgt dafür, dass die Kinder bleiben, wo sie sind. Nach einigem Hin und Her ist der Deal perfekt, vertraglich abgesichert und geheim. Doch die Ereignisse entwickeln sich anders als gedacht und sowohl Paul-André als auch Violette lernen nicht aneinander, sondern auch an sich selbst vollkommen neue Seiten kennen.

Améris bewies sein Händchen für leichte Komödien mit tiefenpsychologisch spannenden Konflikten bereits mit Die anonymen Romantiker, wo Benoît Poelvoorde ebenfalls die verklemmte, hochsensible und zu emotionalem Ausdruck unfähige Hauptfigur verkörperte. Hier wie dort ist es ein ganz besonderes Vergnügen, ihm dabei zuzusehen, wie er eine verschrobene Figur mit glaubwürdigem Leben füllt. Poelvoorde stellt Paul-Andrés Einsamkeit, Ungehaltenheit, Unsicherheiten, seine negative Weltsicht und die noch immer in ihm wirkenden kindlichen Gefühle so authentisch und nuancenreich dar, dass man ihn einfach gern haben muss. Virginie Efira steht ihm als Violette mit tiefen Ausschnitten und knappen Röcken, emotionaler Zuwendungsfähigkeit und freimütigem Mundwerk als lebendiger, temperamentvoller Gegensatz gegenüber.

Bereits die Einführung der Hauptfiguren mit Hilfe von langen Kamerafahrten durch einerseits dunkle, düstere, mit strengen Kunstwerken ausgestaltete Räume und Flure und mit knallbunten Auslagen bestückte Supermarktgänge andererseits, setzt deutliche Akzente. Locations und Räume sind wie in allen Filmen Améris‘ quasi Nebenfiguren des Geschehens und das „Making of“ auf der DVD setzt nicht von ungefähr den Schwerpunkt auf diesen Aspekt der Dreharbeiten.

Abgerundet wird die stimmige Beziehungsstruktur durch sorgfältig ausgewählte Kostüme, pointierte Dialoge, penible Sprachgestaltung und passend gesetzte Musikstücke.

Blu-ray-Bildformat:1:1,85/1080p
Ton:dts HD 5.1 MA
Sprachen: Deutsch dts HD 5.1 MA/Französisch dts HD 5.1 MA
Untertitel: Deutsch

DVD Extras: Making of, Trailer

Blu-ray Extras: Making of, Trailer

Rotraut Greune