Paddington

Einst reiste ein berühmter britischer Forscher nach Peru, um seltene Tierarten aufzuspüren und sie nach London zu bringen. Stattdessen freundete er sich mit zwei Braunbären an, denen er die englische Sprache beibrachte und britische Lebensformen schmackhaft machte. Viele Jahre später schicken diese nach einer Naturkatastrophe ihren jungen Neffen nach London, in der sicheren Überzeugung, er werde dort eine bessere Zukunft haben. Am Bahnhof Paddington angekommen, erwartet den Bären eine böse Überraschung. Niemand beachtet ihn oder kümmert sich um ihn, mit Ausnahme von Mrs. Brown, die ihn gegen den anfänglichen Widerstand ihrer Familie sofort in ihr Herz schließt und ihn nach der Station benennt. Auf der Suche nach dem Forscher stößt die Familie auf dessen Tochter, eine Tierpräparatorin, die es auf Paddington abgesehen hat, um ihn auszustopfen und im Museum zu präsentieren. Fast zu spät erkennen die Browns, dass Paddington in höchster Gefahr schwebt und wie wichtig er ihnen inzwischen geworden ist.

Als Michael Bond im Jahr 1958 diese Geschichte über den Bären schrieb, sah er sich von den unzähligen Einwanderern inspiriert, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Großbritannien kamen. Die Erlebnisse des Bären haben durch die jüngsten Migrationswellen neue Aktualität bekommen. Sie wurden jetzt mit riesigem Aufwand in einer Mischung aus Realfilm und Computeranimation von Paul Kling für die Leinwand adaptiert. Allein bei der lebensechten Animation des Bären waren über 500 Mitarbeiter beschäftigt. Als Familienfilm mit bestem Unterhaltungswert funktioniert diese Produktion für alle Altersstufen, selbst wenn ein ganz junges Publikum nicht alle Details und Anspielungen verstehen wird und die Erzählstruktur mit zahlreichen Rückblenden und unterschiedlichen Filmmaterialien in Schwarzweiß und Farbe vergleichsweise kompliziert ist. Zum Ausgleich werden jüngere Kinder mit reichlich Situationskomik entschädigt, die aus dem Zusammenprall zweier so unterschiedlicher Kulturen fast zwangsläufig entsteht, wobei das äußere Erscheinungsbild des Bären ohnehin zum Knuddeln einlädt. Ältere Kinder werden sich vielleicht auch in der pubertierenden Tochter wiedererkennen. Allgemein verständlich ist schließlich die Botschaft des Films, die zu gegenseitiger Toleranz und Akzeptanz ermuntert, den Wert des Familienzusammenhalts vermittelt und mit dem geflügelten Satz „Bitte kümmern Sie sich um diesen Bären“ zum Engagement und zur Mitverantwortung anregt.

Holger Twele