Carol

Therese jobbt Anfang der 1950er Jahre in der Spielwarenabteilung eines New Yorker Kaufhauses. Die junge Frau hat ihren Weg noch nicht gefunden, Fotografie interessiert sie, der verliebte Freund Richard engt sie mit seinen hochfliegenden Plänen ein. Als eines Tages die mondäne und rätselhafte Carol Aird für die kleine Tochter ein Weihnachtsgeschenk kauft, ist Therese sofort fasziniert. Sie fühlt sich augenblicklich zu der älteren verheirateten Frau hingezogen, dabei könnten die beiden Frauen unterschiedlicher nicht sein. Denn Therese wirkt jugendlich unsicher, ohne jeden gesellschaftlichen Status. Aber auch Carol fühlt sich gleich zu dem Mädchen hingezogen, in der sie offenbar ihre eigene unerfüllte jugendliche Sehnsucht gespiegelt sieht. Denn obwohl sie Frauen liebt, ist Carol den vorgezeichneten Weg ihrer Zeit gegangen. Standesgemäße Heirat, Wohlstand, Haus, Kind. Dass sie einsam ist, bedarf nur eines Blickes in ihre hintergründigen Augen. Gegen alle Widerstände kommen sich die Frauen näher, gehen sogar auf eine gemeinsame Reise, die Flucht und Aufbruch zugleich ist. Carol will die Scheidung, doch ihr Mann Harge droht ihr das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Rindy zu entziehen, die Carol von Herzen liebt. Er setzt sogar einen Privatdetektiv auf seine Frau an, die zuvor schon mal eine Affäre mit ihrer besten Freundin Abby hatte. Hin- und hergerissen zwischen Konvention und ihren wahren Gefühlen und Sehnsüchten müssen Therese und Carol ihren jeweils eigenen Weg finden, der von Leidenschaft, Rückschlägen und Verletzungen geprägt ist.

Todd Haynes (Dem Himmel so fern, I am not there) inszeniert den zweiten Roman von Patricia Highsmith, die als Thrillerautorin, und als schonungslose Meisterin der kriminellen Abgründe bekannt und berühmt wurde. Zahlreiche ihrer Kriminalromane wurden verfilmt. Diese teils autobiografische Geschichte veröffentlichte Highsmith seinerzeit jedoch unter Pseudonym. Homosexuelle Liebe war in dieser Zeit der Bigotterie, Doppelmoral und gesellschaftlichen Zwänge noch als sittenwidriges Verhalten gesetzlich verboten. Dieser Hintergrund ist das Netz vor dem Haynes ein stimmiges Sittengemälde der Zeit entwirft, in der unter dekorativen Oberflächen und den einengenden Kleidern das Leben und Leidenschaften kontrolliert werden sollten. Die beiden Hauptdarstellerinnen erstarren niemals in den detailreichen Kulissen, sondern erzählen insbesondere über Blicke, durch Scheiben hindurch, die verzerren und verbergen, über Spiegelungen, die offenbaren, eine große Liebesgeschichte zweier komplexer weiblicher Charaktere. Das Hintergründige, Doppeldeutige ist stets präsent, und wird auch den männlichen Nebenfiguren zugestanden.

In der ruhigen Erzählweise, den warmen Farben und mit starkem visuellen Kunstwillen stellt das Liebesdrama eine Hommage an Melodramen der 1950er etwa von Douglas Sirk dar, erfährt hier aber eine überraschende Wendung am Schluss. Rooney Mara als Therese, aus deren Perspektive der Film erzählt wird, erhielt in Cannes die Goldene Palme für ihre subtile Performance. Ihre jugendliche Liebessehnsucht gepaart mit einer großen Portion Offenheit wird verletzt, was ihr letztlich den Weg zu sich selbst ebnet. In dieser Figur dürften sich bei aller zeitlicher Entfernung auch heutige junge Menschen wiederfinden können. Cate Blanchett verleiht der Titelfigur eine schillernde Präsenz, die allein schon den Film sehenswert macht. Abgerundet wird das durch stimmige Milieus, das jugendlich aufrührerische der jungen intellektuellen Szene noch vor den großen gesellschaftlichen Umbrüchen steht hier diametral der zwanghaften Eleganz der Upper Class entgegen. Der kunstvolle und unkonventionelle Liebesfilm erhielt sechs Oscar-Nominierungen.

Blu-ray-Bildformat:1:1,85/1080p
Ton:dts HD 5.1 MA
Sprachen: Deutsch dts HD 5.1 MA/Englisch dts HD 5.1 MA
Untertitel: Deutsch

DVD Extras: Interviews, Behind the Scenes, Trailer

Blu-ray Extras: Interviews, Behind the Scenes, Trailer

Christiane Radeke