A Perfect Day

1995, irgendwo auf dem Balkan gegen Ende des Jugoslawienkriegs. Ein kleines Team einer internationalen Hilfsorganisation schlägt sich mit den absurden Herausforderungen im Niemandsland zwischen Krieg und Frieden herum. Nicht nur die Häuser der dörflichen Region sind ausgebrannt, auch die Menschen sind es, gezeichnet von all den Schrecken. Dem kann man nur mit gesundem Menschenverstand und einer großen Portion schwarzen Humors begegnen. So hangeln sich die Veteranen der Hilfsorganisation „Aid Across Borders“ durch ihren irrwitzigen Alltag. Mambrú ist als Sicherheitschef verantwortlich, hadert aber damit, dass er eigentlich vor den bürgerlichen Träumen seiner Freundin in Puerto Rico nach dem perfekten Schlafzimmer flieht. Amerikaner B, der einen unerschütterlichen Aktivismus an den Tag legt und allen Widrigkeiten mit zynischem Witz begegnet, wird von niemandem vermisst, ein Charakter irgendwo zwischen Adrenalin-Junkie und Verlorenem. Damir arbeitet für die Gruppe als einheimischer Dolmetscher, seine Augen erzählen mehr als alle Worte von den Greueltaten der vergangenen Jahre. Die Männer retten sich in Sarkasmus und einen professionellen Pragmatismus. Mit der neuen französischen Idealistin und Wasserexpertin Sophie kommt frischer Wind in die Gruppe, aber diese torpediert mit regelkonformen Lösungsvorschlägen und naiver Unerfahrenheit ungewollt die so notwendigen Aktionen. Als dann auch noch ausgerechnet Mambrús Ex-Geliebte, die zielstrebige Russin Katya, auftaucht, um die Arbeit der Gruppe für die UN zu evaluieren, wird die Gruppe ordentlich aufgemischt. Eine dicke Leiche muss aus dem Brunnen geborgen werden, eine gängige Racheaktion um das Trinkwasser zu verseuchen. Das Seil reißt und von da an sieht sich das Team vor die schier unlösbare Aufgabe gestellt ein neues zu besorgen. Seile werden hier gebraucht um Menschen aufzuhängen und Siegesfahnen zu hissen. Das Team gabelt den kleinen Nikola auf, den sie vor bewaffneten Kindern retten und der ein Seil verspricht. Aber an diesem hängt ein bissiger Hund. Und so zieht sich die Beschaffung eines Seils durch die absurden Verwicklungen zweier Tage. Die Gruppe fährt durch die kurvigen Bergstraßen, vorbei an verwesenden und verminten Kühen, an UN-Blauhelmen die versuchen Ordnung in das Chaos zu bringen und einheimischen Soldaten, die vom Frieden nichts wissen wollen. Ständig kann etwas passieren, und ständig passiert auch irgendwas. Sinn ergibt das alles nicht wirklich.

Die Tragikomödie über ein alles andere als komisches Thema basiert auf dem Roman „Dejarse llover“ von Paula Farias, die als Spanierin Ende der 90er Jahre für „Ärzte ohne Grenzen“ im Balkan arbeitete. Diesen authentischen Hintergrund merkt man dem pointierten Drehbuch in jeder Minute an. Die Tonlage ist unsentimental und direkt, die Dialoge gespickt mit schwarzem Humor, dabei liegt über allem Melancholie und Wärme. Die Pointen können noch so zotig sein, nie lassen sie die ganze Tragik und den Wahnsinn dieses Bürgerkriegs vergessen. Hier wird nicht gewitzelt trotz der Situation, sondern weil es gar keinen anderen Weg gibt der Realität zu begegnen. Und so sind die Totalen der Jeeps der internationalen Helfer, die sich scheinbar ohne Unterlass durch die unwegsamen Bergserpentinen schlängeln ein treffendes Bild für ihre äußerst mühsamen und irgendwie auch sinnlosen Hilfsaktionen. Gleichzeitig werden so die kleinen Gesten herausgestellt, und die sind menschlich überlebenswichtig, wie einem vollwaisen Kind den ersehnten Ball zu beschaffen oder im entscheidenden Moment Rücksicht auf die Familie des Dolmetschers zu nehmen. In den Hauptrollen brillieren vor allem Tim Robbins mit eigenwilligem Sinn für Humor und persönlicher Fallhöhe und Benicio del Toro, der dieser Menschlichkeit eine stille aber unerschütterliche Präsenz verleiht. Ein kleiner, großartiger, Star besetzter und eindringlicher Film über den Irrsinn des Krieges, von erschreckender Aktualität in Zeiten von Flüchtlingsbewegungen. Der Balkankrieg und die Risse, die sich durch die Bevölkerung bis in Dörfer und Familien hineinzogen, basierte nicht zuletzt auf gezielter Propaganda gegen ganze Bevölkerungsgruppen, z.B. gegen Muslime. An diesen Irrsinn kann in der heutigen Zeit nicht oft genug erinnert werden. Und es darf gelacht werden.

Blu-ray-Bildformat:1:1,85/1080p
Ton:Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch DD 5.1/Dt. f. Sehg.
Untertitel: Deutsch

Christiane Radeke