Anonymus

Seit die Werke von William Shakespeare zum ersten Mal öffentlich aufgeführt wurden, spekulieren Experten, Literaturwissenschaftler, Historiker und andere Gelehrte über ihre wahre Urheberschaft. So jedenfalls schildert es Regisseur Roland Emmerich, und er präsentiert auch eine Lösung des Rätsels. Eine Lösung, die die genialen Stücke nicht nur einem leidenschaftlichen Autor zuschreibt, sondern auch seiner Absicht, das Theater in einer Zeit der höfischen Intrigen und Machtspiele in England für politische Zwecke zu nutzen. Sein Film erzählt von der alternden Königin Elisabeth I., die das Theater liebt. Sie hat aus diversen Affären mehrere Kinder, die eventuell ihren Anspruch auf den Thron anmelden könnten. Dass sie diese Kinder hat, ist nur wenigen bekannt, denn die unverheiratete Regentin gab sie sofort nach der Geburt in die Obhut vertrauenswürdiger Adliger. Sie selbst weiß nicht, wo ihre Kinder leben, ihr Berater allerdings weiß es sehr wohl. Einer ihrer Söhne hat ihre Leidenschaft für Bühnenstücke geerbt und verarbeitet seine politischen Ideen und seine Abneigung gegen ihren Berater in Dramen. Eines davon übergibt er einem jungen Bühnenautor - er soll es als seines ausgeben. Doch auch die Theaterwelt ist intrigant und so gibt der Besitzer der Bühne, William Shakespeare, das begeistert aufgenommene Stück bei der Aufführung als seines aus. Bald folgen weitere Stücke, die immer politischer werden und im Volk für Unruhe sorgen. Der Berater, der schon lange an einem Verrat arbeitet, um die Thronfolge in seinem Sinne zu regeln, versucht mit Macht, den wahren Urheber der Stücke zu entdecken.

"Anonymus" besticht durch die Möglichkeit, dass Roland Emmerich die Lösung des Autorenrätsels entdeckt haben könnte. Denn er verknüpft geschickt belegte Ereignisse mit Gedankenspielereien der Historiker zu einer logischen Handlung. Allerdings führt er dazu so viele Figuren ein, dass es mitunter schwerfällt, sie alle auseinander zu halten. Die Erzählstränge sind nicht so klar abgegrenzt, wie man es von seinen Filmen sonst gewohnt ist. Hinzu kommt die düstere Atmosphäre jener Zeit, die die Bildgestaltung und die Musik bestimmt. Diese Verbindung verführt dazu, gelegentlich aus der Geschichte "auszusteigen". Die Verwicklungen sind interessant zu verfolgen, als Film ist "Anonymus" dagegen nicht wirklich gelungen.

DVD-Bildformat: 1:2,35; 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Dänisch, Finnisch, Niederländisch, Norwegisch, Schwedisch
DVD-Extras: Audiokommentar, Entfallene Szenen, Featurette

Rotraut Greune