Der gute Hirte – The Good Shepherd

Für die USA war es ein großes Desaster, als sie 1961 vergeblich versuchte, über die Schweinebucht in Kuba einzudringen und Fidel Castro zu stürzen, denn ein Verräter in den eigenen Reihen der Central Intelligence Agency (CIA) hatte Castro offenbar vorgewarnt. Edward Wilson, leitender Angestellter des CIA, soll diesen Verräter ausfindig machen und stolpert dabei über seine eigene Vergangenheit. Der einstige unscheinbare Literaturstudent kam 1939 über die akademische Geheimloge Skull & Bones zu Rang und Ehren, wurde schon bald in den US-Geheimdienst OSS (Office of Strategic Services) aufgenommen und 1947 mitten im Kalten Krieg zum leitenden Mitarbeiter der neu gegründeten CIA. Im Laufe der Jahre wurde aus dem glühenden Patrioten und Bürokraten, der sogar seine Frau nur aus reiner Pflichterfüllung heiratete, ein mächtiger und tief vereinsamter Mensch, der niemandem mehr vertrauen konnte. Als sich sein eigener Sohn Eddie, der ebenfalls Mitarbeiter der CIA wurde, in eine sowjetische Agentin verliebt, gerät Wilson in einen schier unlösbaren Konflikt zwischen Familie und Beruf.

Von der zweiten Regiearbeit des bekannten Schauspielers Robert De Niro war nicht zu erwarten, dass er einen Spionagethriller drehen würde, der einfach nur die Klischees und Gesetze des Genres bedienen oder gar das geschlossene Universum der internationalen Geheimdienste verherrlichen würde. Auch die Spieldauer von mehr als zweieinhalb Stunden lässt schon ahnen, dass es ihm nicht um einen kurzweiligen Agentenfilm ging, in dem Action und pittoreske Schauplätze im Mittelpunkt stehen. Die Geschichte der Gründerjahre der CIA freilich beruht auf historischen Tatsachen. Sie wurde aber in vielen Details fiktionalisiert und dramaturgisch auf den Punkt gebracht. Matt Damon spielt den Top-Agenten unterkühlt, geradezu emotionslos, und macht so die innere Tragödie eines Menschen nachvollziehbar, der aufgrund seines angepassten und pflichtbewussten Charakters zum willfährigen Gehilfen der Mächtigen wird, oder wie es der Filmtitel ironisch kommentiert, zum „guten Hirten“, der im übertragenen Sinn sein eigenes Leben opfert, schuldig am Tod vieler auch nahe stehender Menschen wird und am Ende durch die Erfordernisse seines Berufs nur noch ein psychisch bis zur Unkenntlichkeit deformiertes Wrack ist. Da der Fokus des Films ganz in der Vergangenheit liegt, ist auch die deutliche Kritik an der CIA nicht auf ihren gegenwärtigen Zustand bezogen. Gleichwohl regt De Niros Inszenierung zum Nachdenken über die inneren Strukturen der Geheimdienste und ihrer Mitarbeiter an und darüber, wie viel Macht und Einfluss ihnen im politischen Leben eingeräumt werden sollte.

DVD-Bildformat: 1:2,40; 16:9
Ton: Dolby Surround, Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Spanisch, Bulgarisch, Englisch für Hörgeschädigte
DVD-Extras: Entfallene Szenen

Holger Twele