Kleinruppin Forever

19-jährige Tim aus Westdeutschland im Jahr 1985 hat Geld, sportliches Talent und glänzende Zukunftsaussichten im Geschäft seines Adoptivvaters, der vor vielen Jahren aus der DDR kam. Mit einem Klassenausflug in die DDR zum Schulabschluss ändert sich jedoch sein Leben. Bereits beim Grenzübertritt wird er als Republikflüchtling verdächtigt, denn in seinem Pass steht Kleinruppin als Geburtsort. Und dann steht Tim in Kleinruppin plötzlich seinem Spiegelbild gegenüber, nur trägt Ronnie nicht edle Klamotten, sondern sieht eher aus wie ein Hippie. Er ist tatsächlich Tims Zwillingsbruder, der wie Tim nach dem Unfalltod der Eltern von einer Familie adoptiert wurde. Ronnie weiß die Gunst der Stunde zu nutzen. Er schlägt Tim nieder und verschwindet mit Tims Klasse im Bus nach Westdeutschland. Als Tim in Ronnies Kleidung wieder aufwacht, glaubt ihm niemand in der DDR seine wahre Identität und so muss sich der Junge zunächst mit der ostdeutschen Realität arrangieren. Dabei verliebt er sich in ein Mädchen.

Vom Ansatz her nutzt der in der DDR geborene Regisseur Carsten Fiebeler das Kästnersche Motiv des „Doppelten Lottchens“, das beispielsweise auch Hollywood für sich entdeckt hat, oder im skandinavischen Kinderfilm „Hin und Her“ gar mit einen geschlechtlichen Rollenwechsel funktioniert. Hier allerdings beschränkt sich der Rollentausch auf die Perspektive des Wessies Tim in der ihm zunächst sehr befremdlich anmutenden Umgebung im Osten. Wie es Ronnie in Westdeutschland mit Tims Freunden und mit dessen arroganten Adoptiveltern ergeht, spart das Drehbuch weit gehend aus. Stattdessen lernt Tim, wie toll eigentlich Ronnies Freunde sind, wie sehr sich der wirklich sehenswert von Michael Gwisdek verkörperte Ziehvater um den ständig Probleme verursachenden Sohn kümmert und es dabei sogar mit der Stasi (Staatssicherheit der DDR) aufnimmt. Und vor allem verliebt sich Tim unsterblich in eine junge Frau aus Kleinruppin, der eigentlich eine klar vorgezeichnete Zukunft mit ihrem in Leipzig studierenden Freund winkt, die aber die wahre Liebe erst mit Tim findet. Diese durch und durch romantische Liebesbeziehung macht den wahren Kern der Geschichte aus, hinter der das Leben in beiden deutschen Staaten zum reinen Klischee erstarrt und auch die seinerzeit allgegenwärtige Stasi eher die Lachmuskeln reizt, als den wahren Terror vermittelt. Im „Making of“ auf der DVD heißt es, der Film wolle an die „wahren“ Werte erinnern, die mit dem Ende der DDR verloren gegangen seien. Schade nur, dass die immerhin recht unterhaltsame Geschichte dabei so märchenhaft und gewollt geraten ist und so diese Werte eher als Wunsch, denn als Wirklichkeit wahrgenommen werden.

DVD-Bildformat: 1:1,78; 16:9
Ton: Dolby Surround, Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch
DVD-Extras: Making of, Musikvideo

Holger Twele