The Hater

Länge:
135 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Jan Komasa
Darsteller:
Maciej Musiałowski (Tomek), Vanessa Aleksander (Gabi), Maciej Stuhr (Pawel Rudnicki), Agata Kulesza (Beata), Danuta Stenka (Zofia) u. a.
Genre:
Thriller
Land:
Polen, 2020

Was für ein dreister Typ! Einen kurzen Augenblick wollte man dem jungen Studenten noch glauben, dass er in seiner Hausarbeit gar nicht schummeln wollte und lediglich ein paar Anführungszeichen bei Zitaten vergessen hat. Er sieht ja auch zu bemitleidenswert aus. Erst recht, als man ihm eröffnet, dass man ihn nun aus der Uni wirft. Für Menschen ohne Rechtsempfinden ist kein Platz im Jura-Studium. Doch das Mitgefühl für Tomek löst sich spätestens in der nächsten Szene vollständig in Rauch auf. Ohne Skrupel platziert er sein Smartphone als Wanze in der Wohnung einer befreundeten Familie und hört deren private Gespräche ab, weil er sich für deren Tochter Gabi interessiert. Und von nun an geht es, was Moral betrifft, stetig weiter bergab.

Tomeks Talent, über soziale Netzwerke andere Menschen zu stalken und zu manipulieren, öffnet ihm schnell die Türen in eine PR-Agentur, die mit schmutzigen Aktionen ungeliebte Widersacher ihrer Auftraggeber angreift. Ihr neuestes Ziel ist der linke Bürgermeisterkandidat Pawel Rudnicki – und Tomek kann bald unter Beweis stellen, wie er diesen durch geschickt platzierte Fake News in die Enge drängen kann. Nur kennt Tomek keine Grenzen und treibt sein Spiel immer weiter, bis die digitalen Attacken nicht mehr auf den Cyberspace beschränkt bleiben.

Erst eine Oscar-Nominierung als bester Film für „Corpus Christi‟ – und wenige Monate später die Auszeichnung als Bester internationaler Spielfilm beim Tribeca Film Festival in New York für „The Hater‟: Der 39-jährige Regisseur Jan Komasa hat gerade einen ziemlichen Lauf und scheint seine Chancen gut zu nutzen. „The Hater‟ ist ein Film auf der Höhe der Zeit, der sowohl über die Abgründe sozialer Netzwerke und Fake News erzählt als auch über Nationalismus, Radikalisierung und Gewaltbereitschaft. Es ist schon bemerkenswert, wie verdammt unsympathisch Tomek als Hauptfigur ist. Ein perfekter, skrupelloser Schurke, an dem der Film auch kein gutes Haar lässt. Eigentlich ist Tomek ein Verlierer, der gerne aufsteigen würde und dem man doch immer wieder zeigt, dass er niemals zur Elite gehören und er der arme Junge vom Land bleiben wird. Aber „The Hater‟ weckt kein Mitgefühl für ihn, sondern erzählt vielmehr, wozu dieser enttäuschte junge Mann fähig ist und wie er die Demütigungen, die er selbst immer wieder erlitten hat, auf andere überträgt, seine Mitmenschen wie Marionetten manipuliert und gegeneinander aufhetzt. Das macht „The Hater‟ vor allem zu einem dunklen Thriller, der immer wieder zum Hinterfragen anregt: Woher kommen denn eigentlich die Informationen aus dem Web? Und wer sind deren (wahre) Urheber? Fließend wechselt der Film zwischen realer Welt und Szenen aus einem Online-Fantasyrollenspiel, in dem Tomek mit seinem Avatar Kontakt zu einem labilen Wutbürger aufnimmt. Unmissverständlich macht „The Hater‟ dabei deutlich, dass die virtuelle Welt kein realitätsferner Raum mehr ist. Was dort geschieht, hat weitreichende Folgen für den Alltag.

Stefan Stiletto

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Polnisch u. a.

Untertitel: Deutsch, Polnisch u. a.

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (31. Woche 2020).